Der Landtag hat kurz vor Weihnachten die Reform des Rettungsdienstgesetzes verabschiedet. Ein großer Wurf? Die Bürgerinitiative, die sich seit Jahres mit den Belangen des Rettungsdienstes beschäftigt sagt Nein.

Stuttgart - Die Bürgerinitiative Rettungsdienst ist enttäuscht von der Reform des Rettungsdienstgesetzes, das der Landtag kurz vor Weihnachten verabschiedet hat. Es werde damit „Politik für Verbände und Organisationen gemacht, aber nicht für den Bürger“, sagt Joachim Spohn, der Kopf der Initiative. Von der vom Land propagierten Stärkung der Rechtsaufsicht hätten die Träger des Rettungsdienstes „nichts zu befürchten“. „Auf die Hilfsfristen kann man sich nicht verlassen; da sind überall Tricksereien.“

 

Einstimmig hatte der Landtag die von Innenminister Reinhold Gall (SPD) vorgelegte Reform gebilligt. Darin wird unter anderem versprochen, dass die geltenden Hilfsfristen genauer unter die Lupe genommen werden. Notarzt und Sanitäter sollen laut Gesetz nach „möglichst nicht mehr als zehn, höchstens 15 Minuten“ am Unfallort sein. Bislang gelten übers Land verstreut freilich unterschiedliche Praktiken, wie die Abläufe protokolliert werden. So kann der Disponent in der Rettungsleitstelle den Alarmierungszeitpunkt früher oder später setzen, die Rettungswagenbesatzung auch mal den einen oder anderen Meter vor dem Unfallort den Bin-da-Knopf drücken.

Zu schnell überlastet

Dem will Gall Einhalt gebieten. Spohn aber glaubt nicht, dass das gelingt. Dazu sei man viel zu verzagt an die Sache herangegangen. So sei es „ein ganz verheerender Fehler“, im Rettungsdienstgesetz nicht festzulegen, in welcher Quantität und in welcher Qualität die Rettungsleitstellen personell besetzt sein müssen – bei der Besatzung der Rettungsfahrzeuge habe man das schließlich gemacht, sagt Spohn.

Man kann ahnen, dass man beim Land eine Doppelschicht rund um die Uhr will – so legen es jedenfalls Formulierungen im nachrangigen Rettungsplan fest. Doch Gesetzesnorm ist das nicht. Wenn einer allein in der Leitstelle Dienst tun muss, sei der schnell überlastet und könne auch nicht schon Hilfe wie Telefonreanimation anbieten, so Spohn. In immerhin acht Landkreisen ist die Leitstelle nur mit einer Person besetzt.

Spohn hat sich dort erkundigt, wie sie das sehen. Die positive Nachricht: vom Landratsamt in Calw wurde mitgeteilt, dass man eine Doppelbesetzung einrichten wolle. Beim Schwarzwald-Baar-Kreis glaubt man gar nicht, dass das Rettungsdienstgesetz eine Rechtsgrundlage dafür sei, die Träger der Leitstellen auf doppelbesetzte Schichten zu verpflichten. Wenn „durch andere Maßnahmen“ gesichert ist, dass ein Notruf nicht ins Leere läuft, habe die Rechtsaufsicht keine Möglichkeit, Doppelschichten durchzusetzen. So habe man das mit dem Innenministerium geklärt. „Andere Maßnahmen“ sind, dass Anrufe, die nicht entgegengenommen werden, nach einer gewissen Zeit in die Leitstelle im Nachbarkreis umgeschaltet werden.

Direkte Verpflichtung

„Wenn die Rechtsaufsicht gestärkt werden soll, muss man Strukturen verändern“, sagt Spohn. Die Landkreise sollten, wie in den anderen Bundesländern auch, direkt für den Rettungsdienst zuständig sein. Dann wären die Regierungspräsidien die Rechtsaufsicht. Das könnte erfolgversprechender sein, glaubt Spohn.