Württemberg gibt zehn Millionen Euro aus, um in mehr als 70 Veranstaltungen das Reformationsjubiläum zu begehen. Die Ökumene soll dabei vorangebracht werden.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Stuttgart - Der Ort ist geschichtsträchtig und passt zum Anlass: In der Kirche des Alten Schlosses in Stuttgart – dem ersten evangelischen Kirchenbau der Neuzeit in Württemberg – hat die Landeskirche am Donnerstag ihr Programm für das Reformationsjubiläum präsentiert. Dabei sind die Württemberger eigentlich 17 Jahre zu früh dran für ihr Jubiläum. So lange dauerte es nämlich im 16. Jahrhundert noch, bis die Reformation, die Martin Luther mit seinem Thesenanschlang am 31. Oktober 1517 ausgelöst hatte, in hiesigen Gefilden ankam. Erst 1534 hielt Konrad Oettinger die erste evangelische Predigt im Land.

 

Auch sonst startet der Reigen der mehr als 70 Veranstaltungen in Württemberg ein bisschen vorzeitig. Los geht es nämlich bereits vor dem Reformationstag am 30. Oktober mit dem zentralen Gottesdienst im Ulmer Münster zur Einführung der neuen Lutherbibel. Alle 1800 evangelischen Gemeinden werden dazu mit einer Altarbibel beschenkt. Jede dieser Heiligen Schriften ziert ein Gruß- und Segenswort von Landesbischof Frank Otfried July und trägt auch seine eigenhändige Unterschrift.

Die Reformation wird als Freiheitsbewegung interpretiert

Das Gedenken stellt Württemberg gemeinsam mit den Badenern unter die Losung „. . . da ist Freiheit“. Dieses Motto stammt nicht nur aus dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther, sondern passt auch gut zu einer Interpretation der Reformation als Freiheitsbewegung.

Luthers Theologie, so sagt der Professor Ulrich Heckel, habe zum Beispiel durch die Botschaft von der Vergebung der Sünden die Befreiung von Schuld und Angst gebracht. Auch die Bevormundung durch religiöse Autoritäten sei im Zuge der Reformation geschwunden. Das Motto erinnert allerdings auch daran, dass sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) vor einiger Zeit als „Kirche der Freiheit“ profilieren und so von der katholischen Kirche absetzen wollte. Von Abgrenzung könne diesmal freilich keine Rede sein, sagt dazu die Cheforganisatorin Christiane Kohler-Weiß: „Wir feiern weitgehend ökumenisch ein Christusfest.“

Insgesamt gibt die Landeskirche dafür zehn Millionen Euro aus. Rund 80 Seiten dick ist das Heft mit den Veranstaltungen. Dort sind Höhepunkte aufgeführt wie die „Nacht der Freiheit“ am 12. Mai 2017, ein Musikfest mit rund 20 000 Teilnehmern Mitte Juli in Stuttgart oder ein Festival, das im Herbst ebenfalls in der Landeshauptstadt steigt. Außerdem will die Landeskirche bei der Weltausstellung in Wittenberg zeigen, wie sich hierzulande Tradition und Innovation verbinden. Zum bunten Angebot gehören Theateraufführungen, Diskussionen, Vorlesungen, Gottesdienste und ein Projekt mit dem Titel „Baden-Württemberg liest Luther“. Aus der Besinnung auf ihre Tradition sollten die evangelischen Christen Mut schöpfen, die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten, sagt July über den Sinn der Feierlichkeiten. Außerdem wünscht er sich einen weiteren Fortschritt in der Ökumene.