Der Spagat zwischen Finanz- und Bildungspolitik ist für Landespolitiker ein ständige Herausforderung. Auch Regierungschef Kretschmann ist dieses nicht fremd, wie bei einer Versammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft deutlich wurde.

Sindelfingen - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat den Schulen 1700 zusätzliche Lehrerstellen für Reformen bis 2020 zugesagt. Das entspreche Mitteln in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, sagte der Regierungschef am Freitag in Sindelfingen bei der Delegiertenversammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Darin seien noch nicht einmal die Stellen für die Beschulung der Flüchtlingskinder enthalten.

 

Die GEW fordert, dass keine einzige der im Stellenabbauplan vorgesehenen 3000 Stellen bis 2020 gestrichen wird, damit die Integration von behinderten Kindern sowie der Ausbau von Ganztags- und Gemeinschaftsschulen erfolgreich umgesetzt werden kann. GEW-Landeschefin Doro Moritz betonte, dass wie von Grün-Rot für die auslaufende Legislaturperiode bereits angekündige Ethikunterricht ab der ersten Klasse eingeführt werden müsse.

„Ich kann nicht nur mit Puderzucker kommen“

Moritz wurde mit 95,6 Prozent der Stimmen zum dritten Mal in ihr Amt gewählt. Von gültigen 317 Stimmen erhielt sie 303, sechs Mitglieder votierten mit Nein, acht enthielten sich der Stimme. Vor vier Jahren bekam die frühere Hauptschullehrerin 97 Prozent.

Der ehemalige Gymnasiallehrer Kretschmann erinnerte an die finanziellen Grenzen, die auch die Bildungspolitik berührten. „Wir müssen auch den Landeshaushalt konsolidieren.“ Er bedauere die verringerte Eingangsbesoldung der Junglehrer, verwies aber auf verfassungsrechtliche Hürden, bei Pensionären zu kürzen. „Ich kann nicht nur mit Puderzucker kommen“, rief er den Delegierten zu. Auch auf die Forderung der GEW nach einer Besserstellung der Kollegen mit befristeten Verträgen ging er nicht ein. Moritz konterte: „Gute Bildung ist teuer, schlechte Bildung ist so teuer, dass sie sich unser Land nicht leisten kann.“

Kretschmann lehnte die Rückkehr zu G9 ab

Allerdings stellte Kretschmann, selbst GEW-Mitglied, Lehrern der auslaufenden Schularten Haupt- und Werkrealschule höhere Besoldung in Aussicht. Man werde diesen Pädagogen in den kommenden Jahren Qualifizierungsangebote unterbreiten verbunden mit der Möglichkeit des Aufstiegs zur Besoldungsgruppe A 13. GEW-Landeschefin Moritz begrüßte das: „Wir betrachten es als großen Erfolg, dass die Arbeit der Hauptschullehrkräfte durch diese Ankündigung anerkannt wird.“ Es sei klar, dass die Anpassung über einen Stufenplan laufen werde, aber dieser müsse umgehend umgesetzt werden. Betroffen sind insgesamt rund 10 000 Lehrer, die derzeit noch an Haupt- und Werkrealschulen für A 12 arbeiten. Das sind mehrere Hundert Euro brutto weniger im Monat als A 13.

In der Debatte um die künftige Schulstruktur positionierte Moritz sich eindeutig. „Die GEW stellt das Gymnasium nicht infrage“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Es gehöre zur Schullandschaft Baden-Württembergs. „Genauso wichtig ist aber, dass auch die Gemeinschaftsschule das Abitur und das Lernen auf gymnasialem Niveau anbieten kann.“ Sonst werde das Gymnasium auf lange Sicht nicht bleiben, was es sei, insbesondere wenn die neunjährigen Züge wieder die Regel werden. Kretschmann lehnte die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium ab. „Ich bin der Überzeugung, dass das Gymnasium nur stark und leistungsfähig sein wird, wenn wir bei G8 bleiben.“ Die CDU will den Familien Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 gewähren.