Beim Treffen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Hauptschullehrern eine höhere Gehaltsklasse in Aussicht gestellt. Das hätte er schon längst tun können, kontert die Opposition und spricht von einem Wahlkampfmanöver.

Sindelfingen - Für den Ministerpräsidenten war es quasi Pflicht, die Landesdelegiertenversammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sindelfingen zu besuchen. Immerhin ist der Gymnasiallehrer Winfried Kretschmann GEW-Mitglied.

 

Inzwischen wird der Regierungschef wieder freundlich bei „seiner“ Gewerkschaft aufgenommen. Das war nicht immer so. Die geplante Streichung von 11 600 Lehrerstellen hat die GEW der Regierung mächtig übel genommen. Es ist zwar nicht zu dem Stellenabbau gekommen, aber allein der Vorschlag hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Lehrer eingekerbt. Am Freitag brachte der wahlkämpfende Grüne Trostpflaster mit. Er sprach von zusätzlichem Lehrerstellenbedarf in der neuen Legislaturperiode und kündigte an, dass Hauptschullehrer „attraktive Qualifizierungsangebote“ erwarten dürften. „Selbstverständlich verbunden mit der Möglichkeit des Aufstiegs nach A 13“.

Gleiche Bezahlung für Hauptschullehrer

Bisher werden Hauptschullehrer nach der Besoldungsstufe A 12 bezahlt, Lehrer an Realschulen und an Gymnasien nach A 13. Inzwischen wurde aber das Lehramtsstudium für Haupt- und Realschulen zusammengeführt. Auch sollen Hauptschullehrer, deren Schulen geschlossen werden, an Real- und Gemeinschaftsschulen eingesetzt werden. Die Aufstiegsmöglichkeiten der Hauptschullehrer ist eine zentrale Forderung der GEW.

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) machte am Freitagnachmittag der GEW seine Aufwartung und bestätigte Kretschmann. Die Lehrer an Haupt -und Werkrealschulen dürften nicht vergessen werden. Stoch will auch die Kürzung der Eingangsbesoldung für Jungbeamte rückgängig machen. „Sparen ja, aber nie bei der Bildung“, erklärte er zur Freude der Delegierten.

Der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf, den die GEW am Samstag als Gast erwartet, kritisierte, dass die Regierung den Hauptschullehrern „seit Jahren keine Perspektive aufgezeigt hat“. Kretschmann verkaufe jetzt als Wahlgeschenk, was er längst hätte umsetzen können. Auch Hans-Ulrich Rülke (FDP) nannte die Ankündigung „ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver“. Vergangenes Jahr hätten Grüne und SPD ein von der FDP vorgeschlagenes Aufstiegskonzept für Hauptschullehrer abgelehnt.

Mehr als 95 Prozent für Doro Moritz

Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz nahm die Ankündigungen von Kretschmann und Stoch zufrieden mit in ihre dritten Amtszeit. Sie wurde mit 95,6 Prozent wiedergewählt. 303 Delegierte stimmten bei der Landesversammlung in Sindelfingen für die 60 Jahre alte Hauptschullehrerin aus Heimsheim. In den bisher acht Jahren ihrer Amtszeit hat die Vorsitzende ihre Mitglieder offenbar gut kennen gelernt. Sie schätzte ihr Wahlergebnis auf die Kommastelle genau im Voraus richtig.

Seit dem Amtsantritt der parteilosen Sport- und Deutschlehrerin Moritz im Jahr 2008 hat die GEW 6000 Mitglieder gewonnen und vertritt jetzt 50 000 Beschäftigte im Bildungsbereich, vor allem Lehrerinnen und Lehrer. Die Gewerkschaft war in den vergangenen fünf Jahren im Grundsatz für die bildungspolitischen Reformen der grün-roten Landersregierung eingetreten. Moritz mahnte aber stets eine bessere Umsetzung und eine stärkere Unterstützung der Lehrer an. Gegen die geplante Streichung von Lehrerstellen wehrte sich die GEW massiv.

In der neuen Legislaturperiode rechnet Moritz mit wachsendem Spardruck. Es gelte, Sparmaßnahmen zu verhindern. An allen Schularten müsse die Qualität weiter entwickelt werden. Auch will Moritz bessere Arbeitsbedingungen in allen Bildungseinrichtungen erreichen. „Es gibt auch für die nächste Wahlperiode noch einiges zu tun“, sagte die GEW-Vorsitzende.