Finanz- und Wirtschaftsministerium wollen einen neuen Fonds für junge Unternehmen auflegen. Der Staat will für eine Milliarde Euro jährlich Garantien zusagen. Auf den Haushalt kommen hohe Risiken zu.

Berlin - Die Bundesregierung will jungen, innovativen Unternehmen, die bereits seit einiger Zeit am Markt sind, ein schnelles Wachstum ermöglichen. Dafür sind Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bereit, dass der Bundeshaushalt in großem Stil für Gründungsunternehmen haftet. Das Bundesfinanzministerium kündigte ein „neues Modell“ für die Vergabe von Risikokapital an. Jährlich sollen wachstumsstarke Unternehmen in einer reiferen Phase staatliche Bürgschaften von einer Milliarde Euro pro Jahr erhalten. Über zehn Jahre hinweg will der Bund zehn Milliarden Euro an Kreditgarantien zur Verfügung stellen. Schäuble und Gabriel wollen damit Anreize setzen, dass sich Wagniskapitalgeber an jungen Unternehmen beteiligen. Die Regierung will Unternehmen unterstützen, die Produkte für die Industrie 4.0, den digitalisierten Verkehr oder elektronische Gesundheitsdienstleistungen anbieten. Das Finanz- und Wirtschaftsministerium betonten, die Diskussionen dauerten noch an. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen. Auffallend ist: die Größenordnung der geplanten Förderung übersteigt die bisherigen Programme bei Weitem.

 

Kritik an zögerlicher Haltung der Banken

Die Politik reagiert mit ihrer Ankündigung darauf, dass sich Banken und Sparkassen trotz vieler Appelle als Kreditgeber für junge Unternehmen zurückhalten. Die Regierung ist der Ansicht, dass neu gegründete Unternehmen, die schon seit einiger Zeit bestehen, nur schwer an Kapital kommen, um ein starkes Wachstum finanzieren zu können. Gerade in dieser Phase sei der Zugang zu frischem Kapital entscheidend, um in neue Umsatzgrößen hineinzuwachsen, Investitionen tätigen zu können und neue Jobs zu schaffen. Kritik übte Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU), der das Konzept mit entwickelt hat, am Verhalten der Banken. Wachstumsunternehmen erhielten von den Kreditinstituten zurzeit kaum Kredite. „Das ist ein echtes Problem für diese Unternehmen“, sagte Spahn. Dabei gehe es um großvolumige Kredite in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe. Diese Darlehen gebe es in Deutschland für junge Unternehmen äußerst selten. Das sei für den Standort ein beträchtlicher Nachteil. „Oft sind es Märkte, in denen man schnell wachsen muss, um nicht von der Konkurrenz verdrängt zu werden“, sagte Spahn.

Die Bundesregierung will die Vergabe von zinsgünstigen Krediten an die Bedingung knüpfen, dass ein privater Kapitalgeber in gleichem Umfang Mittel beisteuert. Für jeden Euro Wagniskapital, den Investoren in ein Unternehmen stecken, erhalten die Gründer einen Euro Kredit hinzu. Auf diese Weise könne mit dem „Tech Growth Fund“ innerhalb eines Jahrzehnts bis zu 20 Milliarden Euro an Wagniskapital mobilisiert werden – die Hälfte davon soll die staatliche KfW-Bank beisteuern. Da die KfW den Unternehmen Fremdkapital anbietet, müssen die Gründer weniger Firmenanteile an Wagniskapitalgeber abgeben, die im Gegenzug auf Beteiligungen bestehen.

KfW-Bank pocht auf Garantien des Staates

Die KfW ist zur Vergabe der Darlehen aber nur bereit, wenn der Bund für mögliche Ausfälle haftet. Die Bundesregierung will die Darlehen mit staatlichen Garantien absichern. Das bedeutet wiederum, dass letztlich die Steuerzahler haften. Das Finanzministerium rechnet bei konservativer Schätzung, dass auf den Haushalt Belastungen von 200 Millionen Euro pro Jahr zukommen. Über die zehnjährige Laufzeit bedeuten das immerhin Mehrausgaben von zwei Milliarden Euro.

Die Bundesregierung konnte noch keinen Zeitpunkt nennen, an dem das neue Programm starten soll. Berlin muss erst noch Gespräche mit der EU-Kommission in Brüssel führen und den vorgesehenen Fonds unter beihilferechtlichen Aspekten anmelden. Wenn der Staat zinsverbilligte Kredite und Bürgschaften gewährt, handelt es sich nach dem EU-Recht um Beihilfen. Die EU-Wettbewerbsbehörde muss beurteilen, ob das zulässig ist. Die Grünen-Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae unterstützt die Ankündigung der Regierung. Sie bemängelte aber, dass die steuerlichen Probleme für Wagniskapital ungelöst blieben. Das Finanzministerium müsse endlich einen Vorschlag machen, damit Unternehmen ihre Anfangsverluste auch dann anerkannt werden, wenn der Eigentümer wechselt. Seit Jahren warte die Start-up-Szene auf das versprochene Venture-Capital-Gesetz, sagte Andreae. Auf Druck der Koalitionsfraktionen verzichtete Finanzminister Schäuble zuletzt darauf, die bestehende Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen unter zehn Prozent abzuschaffen.