Rechnerisch hat der italienische Premier mit seiner sozialdemokratischen Partei bei den Regionalwahlen gewonnen. Politisch ist die Lage für ihn allerdings heikel geworden. Am Tag danach taucht Matteo Renzi erst einmal ab.

Rom - Ausgerechnet am Tag nach der großen Wahl war Matteo Renzi ungewöhnlich still. Nicht nur das: er war diesen Montag sogar außer Landes, „auf einem anderen Planeten“, sagten Kommentatoren in Rom: Italiens Ministerpräsident besuchte „spontan und überraschend“ seine Landsleute, die als Soldaten in Afghanistan immer noch Dienst tun. So blieb dem sonst immer wortgewaltigen und twitter-schnellen Premier die delikate Aufgabe erspart, das Ergebnis der Landtagswahlen vom Sonntag zu bewerten.

 

Gewiss, Renzis sozialdemokratische Partei (PD) hat in fünf von sieben „Bundesländern“ gewonnen. Aber schon allein die Tatsache, dass eigene Parteifreunde den Verlust der Schlüsselregion Ligurien-Genua an die Rechten feiern, zeigt, wie schwer der Premier es künftig haben wird. Und in Kampanien ist es zwar dem sozialdemokratischen Kandidaten, dem Volkstribun Vincenzo De Luca, gelungen, die Region am Vesuv den Rechten zu entreißen – aber regieren wird De Luca nicht können: Der 66-Jährige ist wegen Amtsmissbrauchs als Bürgermeister zu einem Jahr Haft verurteilt (wenn auch noch nicht rechtskräftig) und wird deshalb von seinem frisch errungenen Ministerpräsidentenamt gleich wieder suspendiert werden.

Schmähliche Niederlage in Venetien

Ferner hat in Venetien eine ausgewiesene „Renzianerin“ noch schmählicher verloren als in dieser rechten Region ohnedies zu erwarten war, und in Apulien hat ein Sozialdemokrat gesiegt, der sich mit Renzi ganz und gar nicht versteht. Vor allem ist es Renzi entgegen seiner eigenen Erwartungen nicht gelungen, ins Mitte-rechts-Lager einzubrechen und die von Silvio Berlusconi Enttäuschten auf seine Seite zu ziehen. Die rechten Protestwähler schlugen sich praktisch alle auf die Seite der Lega Nord. Diese zunehmend rechtsextreme, ausländer-, europa- und eurofeindliche sowie für Neofaschisten offene Kraft ist der Sieger der Landtagswahlen. Gegenüber der letzten Runde vor fünf Jahren gelang es der früher separatistischen Regionalpartei, ihren Stimmenanteil zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Lega-Führer Matteo Salvini (42) sieht sich bereits zum Chef des gesamten Mitte-rechts-Lagers gekrönt; er will Berlusconi in dieser Rolle direkt beerben: „Die Alternative zu Renzi ist heute Lega Nord“, sagt Salvini.

Allerdings fiel der Erfolg der Lega Nord im Süden bescheidener aus als von Salvini erhofft: In Kampanien war er mangels Erfolgsaussichten gleich gar nicht angetreten, in Apulien erreichte er nur 2,3 Prozent; das Doppelte hatte er erhofft. Auch liegt Salvini wohl falsch mit seiner Triumphbehauptung, er sei auf nationaler Ebene der Zweitstärkste nach Matteo Renzi: Der Lega Nord fehlt für diesen Rang der Mezzogiorno, während sich der unmittelbare Wettbewerber – die „Fünf-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo – mit plus-minus 20 Prozent flächendeckend etabliert hat. Bei der Parlamentswahl vor zwei Jahren allerdings war Grillo auf gut 25 Prozent der Wählerstimmen gekommen.

Die Spitzen der Partei feiern ohne Renzi

Die Spitzen der PD – ohne Renzi, wie gesagt – feierten das Resultat am Montag als „klaren und eindeutigen Sieg“. Sie schimpften aber auf den linken Flügel der eigenen Partei: Die von Renzi Frustrierten hatten just in der Schlüsselregion Ligurien einen eigenen Kandidaten aufgestellt, einen Konkurrenten zu Renzis Spitzenfrau Raffaella Paita.

Das rechte Lager seinerseits hatte die Spaltung der ligurischen PD zu einem engen Schulterschluss genutzt und die rote Domäne erobert. Die Parteilinken hätten „verantwortungslos“ gehandelt, sagt PD-Präsident Matteo Orfini: „Wir gehen aber unseren Weg weiter; wir sind sicher, dass es der richtige ist.“ In Rom gilt aber als sicher, dass die Parteilinken den Preis für die „Wiedervereinigung“ der PD nun in die Höhe schrauben werden. – Kommentar