Dass Reichsbürger nicht immer nur harmlose Spinner sind, haben die tödlichen Schüsse in Bayern gezeigt. Laut Innenminister Strobl sollen Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg sie jetzt stärker in den Fokus nehmen.

Stuttgart - Nach den tödlichen Schüssen auf Polizisten in Bayern soll die sogenannte Reichsbürgerbewegung auch in Baden-Württemberg streng kontrolliert werden. Innenminister Thomas Strobl (CDU) beauftragte die Sicherheitsbehörden, die Anhänger der Bewegung gezielt in den Fokus zu nehmen. „Wir werden es nicht dulden, dass sogenannte Reichsbürger Straftaten begehen, dagegen gehen wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats vor“, teilte der Minister am Donnerstag in Stuttgart mit.

 

„Wir müssen zu jedem Zeitpunkt wissen, mit wem wir es zu tun haben. Die Sicherheitsbehörden sollten diesen Personen sehr genau auf die Finger schauen“, sagte der Minister. Die Anhänger der Bewegung erkennen die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland nicht an.

Es werde genau geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorliegen, sagte Strobl. Er kündigte auch eine Prüfung an, ob in der Reichsbürgerbewegung Personen sind, die legal Waffen besitzen. Man müsse sehr genau nachdenken, ob sie überhaupt die Voraussetzung erfüllten, Waffen besitzen zu dürfen.

Am Mittwoch hatte ein Anhänger der Reichsbürgerbewegung in Georgensgmünd bei Nürnberg auf Polizisten geschossen und einen 32 Jahre alten Beamten tödlich getroffen. Drei weitere Polizisten wurden verletzt. Die Polizei wollte dem Mann seine 31 Waffen abnehmen, weil er bei den Behörden als nicht mehr zuverlässig galt.

Verfassungsschutz beobachtet nur einen kleinen Teil

Der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet nach eigenen Angaben bisher nur wenige Anhänger der Bewegung. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür seien selten erfüllt, sagte ein Sprecher in Stuttgart. In den meisten Fällen fehle es an einer entsprechenden politischen Motivation, heißt es in einer Information des Verfassungsschutzes zum Thema. Zu Zahlen machte der Sprecher keine Angaben.

Schon vor der Gewalttat in Bayern hatte der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) angekündigt, die Sicherheit in den Gerichten zu erhöhen. Im aktuellen Haushaltsentwurf des Landes sind nach Angaben eines Ministeriumssprechers 21 neue Stellen für Justizwachtmeister vorgesehen.

Denn „Reichsbürger“ sorgen auch in Gerichten immer wieder für Probleme. Manche von ihnen verweigern Steuer- und Bußgeldzahlungen, reagieren auf amtliche Schreiben mit endlosen Beschwerden und stellen sich sogar eigene Fantasiedokumente aus.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Uli Sckerl, fordert eine Klärung, ob der Verfassungsschutz die rechtsextreme Reichsbürger-Szene deutlich schärfer beobachten müsse. „Sie sprechen unserer Verfassung die Gültigkeit ab. Sie üben Gewalt gegen Vertreter öffentlicher Institutionen aus“, teilte der Abgeordnete mit. „Wir wollen wissen, ob Mitglieder der Szene in Baden-Württemberg Waffenberechtigungsscheine und Waffen haben. Das muss streng überprüft werden.“