Die Politik muss die Toleranzschwelle gegenüber rechten Staatsfeinden wie den Reichsbürgern senken und konsequenter gegen sie vorgehen, kommentiert Arnold Rieger.

Stuttgart - Endlich zieht der Staat die Zügel an. Endlich greift er auch bei jenen Demokratiefeinden durch, die wegen ihres allzu abstrusen Geschichtsbildes lange Narrenfreiheit genossen. Noch bis vor Kurzem hat man die „Reichsbürger“ als bloße Spinner abgetan, noch im jüngsten Verfassungsschutzbericht des Landes finden sie keinerlei Erwähnung. Es musste erst einen Toten und Verletzte geben – im Oktober wurden mehrere Polizisten Opfer eines Angriffs –, ehe die Politik diese Szene ernst nahm. Welche Gefahr von ihr ausgeht, das zeigen nun auch die bei den jüngsten Razzien beschlagnahmten Waffen.

 

Das Etikett „Reichsbürger“ verschleiert allerdings, wie diffus dieser rechtsradikale Rand der Gesellschaft ist. Er hat keine festen Strukturen, ein Verbot würde also nicht viel bringen. Umso wichtiger ist, dass die Sicherheitsbehörden schon unterhalb der Terrorebene eingreifen und dem bizarren Treiben mit allen rechtsstaatlichen Mitteln Einhalt gebieten – bei Beleidigungen zum Beispiel oder bei grober Geschichtsklitterung. Beim Prinzip „Wehret den Anfängen!“ ist vor allem der Verfassungsschutz gefragt. Dass er (wie auch die Polizei) nun im Land erweiterte Befugnisse erhalten soll, um etwa die Internetkommunikation besser zu überwachen, ist nur recht und billig. Diesen Preis muss die Gesellschaft für ihre Freiheit bezahlen.