Der US-Investor Indigo beschert dem Flugzeugbauer den größten Auftrag seiner Firmengeschichte. Damit zieht Airbus in diesem Jahr mit Konkurrent Boeing gleich.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Stuttgart - Der boomende Luftverkehr mit fünfprozentigen Zuwachsraten gibt auch den Flugzeugbauern gewaltigen Auftrieb: Bei der Flugschau in Dubai gab Airbus am Mittwoch einen Rekordauftrag über 430 Exemplare der A320-Familie bekannt. Der Vorvertrag geht offiziell über 49,5 Milliarden Dollar (42,2 Milliarden Euro), wobei undeklarierte Mengenrabatte üblich sind. Auftraggeber ist der amerikanische Luftfahrtinvestor Bill Franke (80), dessen branchenintern bekanntes Leasing-Unternehmen Indigo Partners Flugzeuge an Billigairlines vermietet. Betroffen sind Wizz Air in Ungarn, Frontier Airlines in den USA, Jetsmart in Chile und Volaris in Mexiko. Die Ungarn bestellen via Indigo Partners allein 146 Maschinen der beiden Typen A320neo und A321neo.

 

Franke erklärte in Dubai, der Megadeal illustriere den Optimismus und das Wachstumspotenzial der Billigfluglinien. Die historisch unerreichte Bestellung überraschte selbst Luftfahrtexperten. Airbus stand bei der Luftfahrtmesse bisher im Schatten des Widersachers Boeing. Der US-Konzern aus Seattle erhielt am Sonntag von der Fluggesellschaft Emirates eine Bestellung für 40 Maschinen des neuen Typs B787 über 15 Milliarden Dollar (13 Milliarden Euro). Am Mittwoch bestätigte der arabische Lowcost-Carrier Fly Dubai den Kauf von 175 Boeing-Maschinen des Typs 737-max im Wert von 22 Milliarden Dollar (19 Milliarden Euro).

Der Paukenschlag ist gewaltig

Diese Milliardenaufträge für die Amerikaner werden nun aber von Airbus auf einen Schlag übertrumpft. Indigo Partners verhilft den Europäern zu einem nicht nur kommerziellen, sondern auch medialen Paukenschlag. Im laufenden Jahr schien Boeing erstmals wieder die Nase vorn zu haben: Die Amerikaner verzeichneten vor Beginn der Dubai-Messe Nettoaufträge über 538 Maschinen, Airbus nur 288. Das in der südfranzösischen Stadt Toulouse angesiedelte Europakonsortium mit Werken unter anderem in Hamburg und Madrid verzeichnete damit nur noch gut ein Drittel aller Aufträge. Dank den Bestellungen von Indigo Partners reißt Airbus das Steuer herum. Zum Jahresabschluss dürften die beiden Erzrivalen aus Seattle und Toulouse in puncto Bestellungen etwa gleichauf liegen.

Die Erfolgsstory von Airbus ist das Werk des Verkaufsleiters John Leahy. Der 67-jährige Amerikaner kann in Toulouse im Frühjahr 2018 mit einem letzten Großerfolg in Rente gehen. Er war 1994 bei Airbus eingestiegen, als dieser erst auf einen Marktanteil von 18 Prozent kam. Seither hat er den europäischen Hersteller ausgerechnet als US-Bürger im zivilen Luftfahrtgeschäft zum Marktführer vor dem früheren Monopolisten Boeing gemacht. Am Mittwoch verhehlte der stets gut gelaunte Topmanager in Dubai seinen Stolz über den Geschäftsabschluss nicht.

Für den A380 interessiert sich fast niemand

Ein Dämpfer für die Europäer ist, dass sich Indigo nicht für die A380 interessierte. Der Riesenflieger bleibt der Schwachpunkt der zivilen Airbus-Strategie. Seit 2015 hat der Konzern davon kein Exemplar mehr verkauft. Entsprechend große Hoffnungen setzte er in den Erstkunden Emirates, der in den letzten Jahren schon 142 dieses doppelstöckigen Großtransporters für 500 Passagiere geordert hatte. Die staatliche Airline der Vereinigten Arabischen Emirate mit Sitz in Dubai will knapp 40 weitere A380 erwerben, verlangte aber am Sonntag neu die Garantie, dass das Modell noch mindestens zehn Jahre lang hergestellt wird. Die Forderung zwingt Airbus zu einer Zusage, die angesichts der lahmenden Nachfrage eigentlich gar nicht möglich ist.

Trotzdem ist der Indigo-Auftrag eine Erleichterung für Airbus-Chef Tom Enders. Der Deutsche war in letzter Zeit unter Beschuss geraten, weil er frühere Schmiergeldpraktiken auf brüske Weise beenden wollte und damit in den Verkaufsabteilungen „Turbulenzen“ verursachte, wie Enders es selbst nannte. Leahy, dem im Unterschied zu französischen Mittelsmännern nie unsaubere Praktiken unterstellt wurden, macht mit dem Indigo-Auftrag zusätzlich klar, dass Airbus in der Lage ist, auch auf saubere Art Flugzeuge zu verkaufen.