Regula Rapp, die Rektorin der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, sieht ihr Haus vor Herausforderungen. In ihre junge Amtszeit fallen entscheidende Umbrüche. Ein Interview.

Stuttgart – - Seit zweieinhalb Jahren steht Regula Rapp an der Spitze größten und ältesten Musikhochschule in Baden-Württemberg. In ihre junge Amtszeit fallen entscheidende Umbrüche.
Frau Rapp, wie nehmen Sie die Stadt wahr: etwa im Vergleich zu Ihren bisherigen beruflichen Stationen Berlin und Basel?
Berlin war die große Anregung schlechthin: kulturell, politisch, gesellschaftlich. In Basel war wunderbar, dass es ein Bürgertum gab, das sich auf Hochkultur spezialisiert hatte – für mich liegt Stuttgart nun buchstäblich in der Mitte. Ich hatte nicht erwartet, dass diese Stadt ein derartig anregendes kulturelles Leben bietet. Das liegt daran, dass hier Kunst ernst genommen wird. Begeistert hat mich gleich die Kulturmeile, dass sich der Souverän mitten in der Stadt, auf teurem Baugrund ein qualitativ hochwertiges Hochschulgebäude geleistet hat. Neugierig war ich, wie sich der fundamentale Wechsel in der Regierungsspitze auswirken würde. Was passiert, wenn Grün-Rot im kulturell starken, aber auch konservativen Südwesten das Ruder übernimmt?
Das haben Sie zuletzt handfest erlebt, bei der Debatte um die Umstrukturierung der Musikhochschulen. Es gab da auch unschöne Töne unter den fünf Städten. War es im Rückblick klug, dass sich Freiburg, Stuttgart und Karlsruhe gegen die anderen beiden Musikhochschulen so stark verbündet haben?
Das ist eine zugespitzte Darstellung. Wir haben zu jedem Zeitpunkt verantwortungsvoll versucht, das zu tun, was wir für richtig halten. Als Rektorin bin ich zunächst und in erster Linie für diese Hochschule zuständig, und dann erst dafür, welches Angebot für Baden-Württemberg sinnvoll ist. Natürlich können wir noch besser werden, wenn wir Synergieeffekte nutzen. Wir haben miteinander im letzten Jahr viele Themen und Probleme besprochen und neu bewertet.
Seit Mitte der neunziger Jahre ist der Anteil der Musiker an dem aller Studenten in Baden-Württemberg von 1,4 auf 0,9 Prozent gesunken. Wie weit kann man das noch runterfahren, ohne an die Substanz zu gehen?
Das ist die Frage, um die es in der Auseinandersetzung geht. Wann wird der Kernbereich angegriffen? Da haben die Zukunftskonferenzen, aber auch die Beratungen der Musikhochschulen allein sehr viel gebracht. Wir bauen darüber hinaus auf die von der Kunstministerin Theresia Bauer eingebrachte sogenannte Perspektive 2020, in der es um eine „klare Prioritätensetzung des Landes geht: zusätzliche Mittel für die Hochschulen“. Ich hoffe, dass dazu bis Ende des Jahres die strategischen Überlegungen im Ministerium abgeschlossen sein werden.
Woran orientieren Sie sich?
Wir bilden nicht nur für den Markt vor der Haustür aus, sondern wir müssen uns international orientieren, an London, St. Petersburg oder Boston. So bieten wir Qualität. Und unser Angebot muss so gestaltet sein, dass die Studierenden durch unsere Ausbildung in die Lage versetzt werden, gegen Ende eine Wahl zu treffen nach dem Motto: Ich werde der einzige lebende Nachfolger von David Garrett oder ein zweiter Christoph Eschenbach.