Seit feststeht, dass der Karlsruher SC noch in die Fußball-Bundesliga aufsteigen kann, ist der Club in der Stadt wieder angesagt. Das war nicht immer so.

Karlsruhe - In Karlsruhe ist alles auf das Feiern ausgerichtet. 300 Jahre jung wird die Stadt in diesem Sommer. Überall künden Plakate von den Festivitäten, im Schlosspark entsteht ein riesiger Pavillon für Veranstaltungen, und Martin Wacker sagt: „Der Aufstieg des KSC wäre das i-Tüpfelchen auf den Feierlichkeiten.“ Wacker organisiert nicht nur den Stadtgeburtstag, er ist ganz nebenbei auch Stadionsprecher des Karlsruher SC und kreischt euphorisch vor jedem Heimspiel ins Mikrofon: „KSC – die drei geilsten Buchstaben im deutschen Fußball.“

 

Nach dem feststand, dass die Mannschaft des Trainers Markus Kauczinski als Dritter der zweiten Fußball-Bundesliga gegen den Hamburger SV in zwei Relegationsspielen um den Aufstieg in die Bundesliga kämpft, ist der KSC plötzlich wieder sexy. Schlangen vor der KSC-Geschäftsstelle hat man in Karlsruhe zuletzt nicht oft gesehen, die Tickets für das Rückspiel am Montag im Wildpark waren im Nu weg. Auch deshalb sagt der Trainer Kauczinski: „Es ist ein gutes Gefühl, dass die Stadt und die Leute hinter uns stehen – so ist alles möglich.“

Markus Kauczinski, 45, weiß, dass das nicht immer so war in dieser Saison. Oft spielte die Mannschaft nur vor 13 000 oder 14 000 Zuschauern. In Karlsruhe steigen die Erwartungen ziemlich schnell, Unmut auch. „Viele haben dem Braten wohl lange nicht getraut“, glaubt der KSC-Sportdirektor Jens Todt. Und vor drei Wochen, nach der bitteren 0:1-Heimpleite gegen Darmstadt 98 schien das Aufstiegsfell ohne den KSC verteilt zu werden.

„Wir sind eine gefährliche Mannschaft“

Doch weil dem alten Rivalen aus Kaiserslautern die Knie zu schlottern begannen und Kauczinski „nach dem Niederschlag gegen Darmstadt noch einmal alle aufgerafft hat“ (Todt), darf der KSC wieder vom Aufstieg träumen. „In zwei Endspielen ist alles möglich“, sagt Todt nun. An diesem Donnerstag (20.30 Uhr/ARD) treten die Badener beim HSV an, das Rückspiel am Montag in Karlsruhe hat die DFL aus Sicherheitsgründen auf 19 Uhr vorverlegt. „Wir sind eine gefährliche Mannschaft. Der HSV wird aufpassen müssen, uns in den Griff zu kriegen“, sagt Kauczinski.

Der durchsetzungsstarke Trainer drückte nach dem direkten Wiederaufstieg aus der dritten Liga und dem überraschenden fünften Platz in der vergangenen Saison erneut die Grenzen seiner Mannschaft ein Stückchen weiter nach oben. Die Entwicklungsarbeit des harten wie herzlichen Gelsenkircheners, der zuvor im Nachwuchsbereich des KSC gearbeitet und in den chaotischen Jahren nach dem Bundesligaabstieg 2009 die Profis dreimal als Interimstrainer übernommen hat, ist angesichts der Rahmenbedingungen beeindruckend.

Der KSC leidet noch immer an Altlasten. Ein modernes Stadion wird erst in zwei Jahren gebaut. Ohne die finanzielle Unterstützung des Rohstoff-Unternehmers und KSC-Vizepräsidenten Günter Pilarsky wäre der KSC wohl längst nicht mehr im Profifußball. Nach der Pleite gegen Darmstadt lud Pilarsky das Team zum Champions-League-Gucken in seine Villa ein. An diesem Abend ging man beim KSC eher von einem Verbleib in der zweiten Liga aus. Doch der klamme Verein will lieber früher als später aufsteigen. Todt sagt: „Ein Aufstieg schafft neue personelle Optionen.“

Die Planung gilt für beide Ligen

Wobei der Sportdirektor auch betont, keine völlig unterschiedliche Planungen für beide Ligen entwickelt zu haben: „Rund 80 Prozent des Kaders stehen schon fest.“ Gelingt der Aufstieg nicht, verlöre der KSC womöglich die beiden Flügelflitzer Hiroki Yamada und Manuel Torres an erstklassige Konkurrenz. Auch der ablösefreie Reinhold Yabo wäre dann wohl weg. Wobei Yabo auch seinen Platz im Karlsruher Gemeinderat aufgeben müsste, der Mittelfeldspieler wurde vor einem Jahr für die Gruppierung „Gemeinsam für Karlsruhe“ gewählt.

Der Kapitän Dirk Orlishausen startete erst spät im Profifußball und musste einen Hodenkrebs besiegen. Einsätze in der ersten Liga wären für den Torwart die Erfüllung eines Traumes, den er lange für unerreichbar gehalten hat. Jetzt sagt Orlishausen über den HSV: „Wer zweimal hintereinander so eine Saison spielt, der ist irgendwann fällig. Warum nicht gegen uns?“

In Karlsruhe wollen sie glauben, dass das Momentum auf ihrer Seite ist. Linksverteidiger Philipp Max, Sohn des früheren Schalker Torjägers Martin Max, sagt kess, es sei an der Zeit, die Bundesligauhr im Hamburger Stadion abzustellen. Damit das gelingt, muss auch der angeschlagene Zweitliga-Torschützenkönig Rouwen Hennings (17 Tore) treffen. Der 27-Jährige durchlief die Ausbildung beim HSV und war U-21-Nationalspieler, bevor der Karriereknick kam. Seit einem halben Jahr spielt er aber so gut wie nie. Als Hennings gegen seinen Ex-Club St. Pauli zwei Tore erzielt hatte, sagte er frech, er habe nun fast so oft getroffen wie der gesamte HSV. Hennings steht noch heute dazu: „Wir machen uns nicht kleiner als wir sind, wir haben unsere Chance!“ Daran hat in Karlsruhe vor drei Wochen niemand mehr geglaubt.