Das Problem ist ein altes: Eine Kirche wie die katholische oder die evangelische gibt es auf islamischer Seite nicht. Das erschwert auch die Einführung von islamischen Religionsunterricht. Kultusminister Stoch sieht Signale, die ihn zuversichtlich stimmen.

Stuttgart - Die steigende Nachfrage nach islamischen Religionsunterricht im Südwesten kann aus Sicht von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) besser erfüllt werden, wenn der Staat dafür einen zentralen Ansprechpartner hat. „Ich appelliere an die Verbände, dass sie sich möglichst auf ein gemeinsames Fundament verständigen“, sagte Stoch nach der fünften Sitzung des Runden Tischs Islam am Montag in Stuttgart.

 

Er zeigte sich zuversichtlich, dass es den Verbänden nach Jahren des Neben- und Gegeneinanders gelingt, eine gemeinsame Basis zu finden. Die Interessen möglichst vieler Muslime sollten berücksichtigt werden. Weiteres Thema des Runden Tischs war die Diskriminierung von Homosexuellen. Diese erleben nach einer Studie Schwule und Lesben mit Migrationshintergrund eher als Menschen ohne - sowohl im öffentlichen Raum als auch in der Familie.

Derzeit liegen Stoch Anträge der DITIB-Landesverbände (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) und des Verbands der Islamischen Kulturzentren auf Zulassung sunnitischen Religionsunterrichts vor. Die Vorbehalte gegen einen Dachverband der islamischen Verbände, von den die fünf großen zum Runden Tisch geladen waren, seien groß, berichtete Stoch. Denkbar seien lediglich Kooperationsabkommen oder ein Beirat. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) verwies auf die ethnischen und konfessionellen Unterschiede der Verbände und betonte: „Wir können uns einen Staatsislam nicht backen.“

Verbände können eigene Lehrkräfte stellen

Bei Genehmigung der Anträge auf Religionsunterricht können die Verbände eigene Lehrkräfte stellen und in Abstimmung mit dem Ministerium die Bildungsinhalte festlegen. Dabei deutet die DITIB laut Stoch an, auch Vorschläge anderer Verbände aufnehmen zu wollen. Das Ministerium hat Gutachten in Auftrag gegeben, die klären, ob die Verbände die verfassungsrechtlichen, organisatorischen und satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllen. Die Antworten zu diesen Fragen könnten noch einige Monate auf sich wartenlassen.

Im Zuge eines 2006/07 gestarteten Modellversuchs bieten 25 Grund- und 5 Hauptschulen bereits sunnitischen Unterricht an, den knapp 2000 Schüler besuchen. Hinzu kommen 32 Schulen mit alevitischem Unterricht. Potenziell könnten landesweit 90 000 Kinder und Jugendliche von dem bekenntnisorientierten Religionsunterricht profitieren. Im Südwesten leben insgesamt 650 000 Moslems, darunter nach Auskunft des Ministeriums 85 Prozent Sunniten. Schiiten sähen keine Probleme, ihre Kinder in einen sunnitisch geprägten Religionsunterricht zu schicken.

Stoch zeigte sich grundsätzlich offen für einen flächendeckenden Ausbau des Religionsunterrichts auch an Realschulen und Gymnasien, betonte aber: „Das geht nicht zum Nulltarif und müsste über den Landeshaushalt abgedeckt werden.“ Er rechne in dieser Frage aber mit fraktionsübergreifendem Konsens.

Zur Diskriminierung von Homosexuellen sagte Öney, diese sei keine Frage der Religion. Vorurteile seien eher Folgen von traditionellen Rollenmustern. Im Koran gebe es keine Anhaltspunkte, die rechtfertigten, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Vorlieben zu bewerten.