Remshalden stimmt als einzige Kommune gegen das Pilotprojekt „Fahrrad2go“. Der Landkreis will das Vorhaben, an dem sich auch die Kommunen Korb, Schwaikheim und Winnenden beteiligen, trotzdem umsetzen – auch ohne Remshalden.

Kreis - Eigentlich schien schon alles in trockenen Tüchern zu sein. Seit Jahren plant der Landkreis mit vielen Beteiligten das Pilotprojekt Fahrrad2go. Dabei soll ein neues Halterungssystem erprobt werden, das die Mitnahme von Fahrrädern in Linienbussen erleichtert. Da das Be- und Entladen der Räder die bisherigen Fahrtzeiten sprengt, ist damit eine Änderung der Linienführung 210 verbunden.

 

Die Linie 210neu führt deswegen unter der Woche von Korb über Schwaikheim nach Winnenden und dort bis zum Klinikum. Die Linie 310 verläuft von Grunbach über Buoch nach Winnenden. Auf dieser Strecke soll das Projekt Fahrrad2go künftig getestet werden. Gerade wegen der Topografie, „und weil wir zwei S-Bahn-Stationen miteinander verbinden können“, erläutert Peter Zaar, der Verkehrsdezernent des Landkreises.

Der Verband Region Stuttgart bezuschusst das Projekt. Der Kreis trägt die Hälfte der Kosten. Den Rest sollten Korb, Remshalden, Schwaikheim und Winnenden gemeinsam schultern. Pro Gemeinde fallen jährlich etwa 12 000 Euro an.

Alle anderen Städte und Gemeinde machen mit

In allen Kommunen haben die Gemeinderäte mittlerweile die finanzielle Beteiligung abgesegnet, nur das Remshaldener Gremium tat sich mit der Zustimmung schwer – aus mehreren Gründen. Vor allem aber, weil der Bus von Remshalden aus nicht direkt die Klinik, sondern die Haltestelle Kelter anfährt. Diese ist etwa 500 Meter vom Krankenhaus entfernt. „In der Sitzung wurde eben festgestellt, dass drei Kommunen die Direktverbindung haben werden und Remshalden nicht“, sagt der Remshaldener Bürgermeister Stefan Breiter. Hinzu komme, dass die Haushaltslage der Gemeinde sehr angespannt sei: „Deswegen wird gerade alles sehr kritisch überprüft. Wenn es anders wäre, hätten wir das Projekt vermutlich nach fünf Minuten durchgewunken“, sagt Breiter. So aber entschied der Gemeinderat nach langer und teilweise emotionaler Diskussion, die finanzielle Unterstützung des Projekts an die Bedingung zu knüpfen, dass auch die Linie 310 die Haltestelle Klinikum anfährt.

Für den Winnender Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth war diese Entscheidung eine Enttäuschung: „Damit droht das Projekt, zumindest für eine bessere Anbindung von Remshalden, zu scheitern. Denn auch die anderen Kommunen hatten die Mitwirkung der weiteren Partner zur Voraussetzung für ihr positives Mitwirken gemacht“, schrieb er in einem offenen Brief an den Gemeinderat. Peter Zaar kann die Entscheidung ebenfalls nicht nachvollziehen – und will auch nicht die zudem geäußerte Kritik auf sich sitzen lassen, der Landkreis habe die Kommune vor vollendete Tatsachen gestellt: „Wenn wir einen zusätzlichen Busverkehr einrichten, ist es seit jeher so, dass der Landkreis zuerst darüber abstimmt. Schließlich wollen die Kommunen auch wissen, ob der Landkreis mitfinanziert.“

Remshaldener Wünsche sind nicht umsetzbar

Der Verkehrsdezernent hat sich nach der Remshaldener Entscheidung mit dem Busunternehmen OVR zusammengesetzt, um über eine direkte Anbindung der Linie 310 an das Klinikum zu beraten. „Aber diese ist nicht machbar. Das würde zu einem Parallelverkehr von zwei Buslinien führen, der nicht Sinn der Sache ist. Zudem wären das Bildungszentrum und die Innenstadt abgehängt", sagt er. Das würde vor allem Schüler treffen, welche die Buslinie nach Buoch nutzen. „Der Schülerverkehr aus Buoch und Breuningsweiler spielt aber doch eine gewisse, sogar zahlenmäßig große Rolle auf dieser Linie. Es kann also auch nicht im Interesse von Remshalden sein, den Schülern diesen direkten Zustieg wieder zu nehmen“, schreibt Hartmut Holzwarth in seinem offenen Brief.

Mit ihrem Entschluss bringen sich die Remshaldener nach Meinung des Winnender Oberbürgermeisters um eine entscheidende Verbesserung: „Wenn man jetzt von Winnenden nach Grunbach möchte, muss man fast eine Stunde in Buoch warten, weil die zwei Linien nicht aufeinander abgestimmt sind“, sagt er. Oder einen riesigen Umweg mit der S-Bahn in Kauf nehmen. Aus Sicht des Bürgermeisters Stefan Breiter wird diese Verbindung aber – zumindest von den Schülern – kaum benötigt: „Die meisten Schüler aus Grunbach fahren nach Weinstadt oder Schorndorf.“

Mit dem Ältestenrat hat Breiter vereinbart, dass die Bedürfnisse der Senioren in den kommenden Wochen in Erfahrung gebracht werden sollen. „Da gibt es bisher sehr unterschiedliche Aussagen.“ Vermeiden möchte Stefan Breiter den Eindruck, dass seine Kommune nicht mit dem Kreis kooperieren möchte: „Wir sind ein enger Partner des Kreises – aber bei diesem Punkt sind wir einfach anderer Meinung.“

Das Pilotprojekt soll Anfang August dennoch starten

Beim Landkreis hat man indes beschlossen, das Projekt Fahrrad2go trotz der Remshaldener Entscheidung umzusetzen – zunächst ohne die Kommune. Deswegen wird der Bus von Anfang August an nur von Winnenden nach Buoch fahren. „Ich bin mir sicher, dass das begrüßt und viel genutzt wird“, sagt Peter Zaar. „Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn Remshalden zu einem späteren Zeitpunkt doch noch mitmacht.“

Diese Möglichkeit weiß man dort zu schätzen: „Wir sind dem Landrat dankbar, dass er es uns offen lässt, später einzusteigen“, so Breiter. Nach der Sommerpause soll der neue Gemeinderat noch einmal über das Thema beraten.