Marder, Waschbär, Wildschwein oder Fuchs: Immer mehr Wildtiere zieht es in die Wohngebiete, denn dort gibt es keine Jagd und reichlich Nahrung, zum Beispiel nicht abgedeckte Komposthaufen und im Freien platzierte Futternäpfe.

Oppenweiler - Sie lieben Schokolade und Chips, räumen aber auch mal über Nacht den Kirschbaum im Garten leer: Waschbären sind im Rems-Murr-Kreis keine Seltenheit mehr. „In Oppenweiler gibt es mehr als genug Waschbären“, versichert Jochen Bek, der Förster im Revier Reichenberg. Unerschrocken und clever – so beschreibt Bek, der auch Wildtierbeauftragter im Landkreis ist, den Waschbären. Mit seinen Vorderpfoten, deren Abdruck einer Kinderhand gleicht, kann der Kleinbär Schranktüren öffnen oder Mülleimer durchwühlen und herausfischen, was ihm schmeckt. „Die einen finden es nett, wenn er ums Haus streift, die anderen ärgern sich. Denn wenn Waschbären den Dachboden als Schlafplatz nutzen, alles vollkoten und Schäden verursachen, kann das richtig teuer werden“, sagt Bek.

 

Auch Rainer Wendt, der Leiter des Kreisjagdamtes, kennt das Dilemma: „Füchse, Marder oder Waschbären sind oft Sympathieträger, aber wenn ein Fuchs seinen Bau unter der Scheune einrichtet, kommen die Vorbehalte.“ Dass die Zahl der Wildtiere in besiedelten Gebieten ständig steige, habe mehrere Gründe, erklärt der Forstdirektor Martin Röhrs. Immer neue Wohngebiete rückten an die Natur heran, Hecken und Bachläufe dienten den Wildtieren als Korridore. In Wohngebieten fänden Fuchs, Marder und Co. Futter in rauen Mengen (siehe „Was tun bei ungebetenen Gästen“). „Im regelmäßig gesprengten Rasen gibt es jede Menge Regenwürmer“, sagt Röhrs – ein gefundenes Fressen für Wildschweine, die eiweißreiche Kost lieben. Füchse machen sich zu Nutze, dass Katzenbesitzer das Futter auf die Terrasse stellen. „Die Füchse lernen das, sie patrouillieren regelrecht von Napf zu Napf“, sagt Wendt. Ob Wildschwein, Fuchs oder Marder – „die Tiere gehen dorthin, wo sie Nahrung finden und ihre Ruhe haben“, erklärt Martin Röhrs, „sie merken genau, wenn es in einem Siedlungsbereich keine Jagd gibt.“

Doch welche Möglichkeiten gibt es, ein Wildtier zu vertreiben? Bei Problemen sei die Ortsbehörde die erste Anlaufstelle, sagt Röhrs. Diese kenne den Jagdpächter. Wobei letzterer in befriedeten Bezirken wie Häusern und Hausgärten meist gar nicht zuständig sei. Da Schusswaffen in Wohngebieten tabu sind, bleibe als einzige legale Möglichkeit die Falle, die aber nur mit einer Genehmigung und nach einer Schulung in der Landesjagdschule Dornsberg verwendet werden dürfe. So solle vermieden werden, dass frustrierte Hausbesitzer zu Gift oder Schlingen greifen, durch die die Tiere unnötig leiden müssten, sagt Bek. Aber wenn ein Waschbär in der genehmigten Falle sitze, sei eine Umsiedlung nicht praktikabel. Dann müsse man so ehrlich sein und die Sache mit einer drastischen Methode zu Ende bringen: „mit einer Kleinkaliberwaffe oder einem Schlag auf den Kopf.“