Der Rems-Murr-Landrat Fuchs lässt einen Standort bei Fellbach für die Erzeugung von Windenergie prüfen. Die Stadtverwaltung ist sehr zurückhaltend.

Fellbach - Der höchste Punkt des Schurwalds ist derzeit noch die Spitze des Albvereinsturms auf dem Kernen. Doch das könnte sich bald ändern. Bei der Windkraftoffensive der Landesregierung ist der Schurwald zwischen Kappelberg und Katzenkopf in den Blick geraten. Zumindest habe die Baurechtsbehörde im Landratsamt diesen Höhenrücken als einen von fünf möglichen Standorten im Rems-Murr-Kreis ins Visier genommen, erklärte der Landrat Johannes Fuchs vor wenigen Tagen. Auf Nachfrage erklärte Harald Knitter, der Pressesprecher des Landrats, es handle sich dabei nicht um konkrete Projekte, "sondern um einen Ausblick, welches Potenzial im Rems-Murr-Kreis überhaupt besteht".

 

Derzeit sind für den Landkreis nur in Welzheim-Aichstrut und Alfdorf-Brend "Vorranggebiete für die Windkraft" im Regionalplan ausgewiesen. Der restliche Kreis ist "Ausschlussgebiet". Allerdings sei denkbar, dass die neue Landesregierung alle Bereiche, in denen genügend Wind wehe, zu Vorranggebieten erklären werde.

Die Grundlage für eine Standortanalyse war für das Baurechtsamt der Windatlas Baden-Württemberg, der jeweils die Windgeschwindigkeiten in 100 Metern und 140 Metern Höhe ausweist und damit zeigt, wo es sich überhaupt lohnt, genauer hinzuschauen. Knitter: "Es gilt jedoch viele Mindestabstände zu beachten: zu Straßen, Wohnbebauung, Naturschutzgebieten und so weiter." Hierzu habe die Landesregierung noch keine neuen Richtlinien erlassen. Deshalb orientiert sich die Rems-Murr-Analyse an Vorgaben in anderen Bundesländern, die bereits länger mit der Windkraft befasst sind.

Es grht nicht umeine Bauanfrage

"Es ist also nur eine grobe Einschätzung." Diese ergebe allerdings nur wenige "diskussionsfähige Standorte", so Knitter. Vorausgesetzt, man legt eine Windgeschwindigkeit von mindestens sechs Metern pro Sekunde in 140 Meter Höhe sowie einen Mindestabstand zu Ortslagen von 1100 Metern, für Wohnplätze von 700 Meter sowie 200 Meter für überörtliche Straßen, Natur- und Vogelschutzgebiete zugrunde. Bei diesen Kriterien blieben im Rems-Murr-Kreis nur sehr wenige "diskussionsfähige Standorte" übrig, sagt Knitter nämlich genau fünf, für die das Landratsamt eine detaillierte Prüfung anstrebt.

Unter diesen fünf Bereichen benennt die Analyse auch "Flächen auf dem Schurwald". Der Landstrich direkt an der Kreisgrenze zu Esslingen ist für Windkraft potenziell geeignet, wenn man den Mindestabstand zu Fellbach, Rommelshausen, Stetten und Strümpfelbach sowie Esslingen, Ober- und Untertürkheim ausklammert. Wer auf die Karte sieht, kann erkennen, dass ziemlich genau in der Mitte zwischen all diesen Orten der Kernenturm liegt. Den hat der Landratspressesprecher allerdings nicht erwähnt. Es gehe nicht um eine Bauanfrage, deshalb sei auch kein bestimmter Standort zu benennen.

"Da kann man nicht vorbehaltlos Ja sagen"

Im Fellbacher Rathaus gibt man sich überrascht. "Wir sind in kein Verfahren eingebunden", sagt der Presseamtsleiter Arnold Marhoffer, deshalb könne er auch keine Aussage treffen. Ein schlichtes Nein wird man von der Stadtverwaltung aber wohl nicht hören. Die Stadt Fellbach hat sich in der Vergangenheit schon recht aufgeschlossen gegenüber regenerativen Energien gezeigt. In Fellbach steht eine der wenigen Biogasanlagen im Kreis, die Stadtwerke betreiben eine Windkraftanlage mit vier Rotoren auf der Schwäbischen Alb und sind an einem Offshoreprojekt in der Ostsee beteiligt. Sogar Strom aus Wasserkraft erzeugen die Stadtwerke mit Turbinen in den Rohren der Trinkwasserversorgung.

Doch ein 150 Meter hohes rotierendes Flügelrad als neues Wahrzeichen auf dem Kappelberg? "Das will gut überlegt sein", sagt Marhoffer. Der Stadtwald sei eines der letzten Refugien für viele Tierarten, "wir müssen da auf einer sehr sorgfältigen Güterabwägung bestehen". Es gehe um Wirtschaftlichkeit, Lärmentwicklung, Transport des Stroms, Landschaftsschutz, Naturschutz, Artenschutz. Zudem seien die Auswirkungen auf Flächennutzungsplan und Regionalplan zu prüfen. Marhoffer: "Da kann man nicht vorbehaltlos Ja sagen."