In einem Lebensmittelmarkt im Rems-Murr-Kreis sind Eier aufgetaucht, die sowohl einen niederländischen Herkunftsstempel als auch die Kennung eines heimischen Geflügelhofs tragen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Rems-Murr-Kreis - So einen Fall haben wir noch nie gehabt“, sagt Niklaas Haskamp, der Leiter der Pressestelle der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Gemeint sind mehrere Eier, die aus dem Rems-Murr-Kreis stammen und zweifach gekennzeichnet sind: Die Eier tragen sowohl einen niederländisches Herkunftsstempel, der sie als ein Erzeugnis aus Käfighaltung ausweist, als auch die Kennung eines Geflügelhofs im Schwäbischen Wald mit der Angabe, die Eier stammten aus Freilandhaltung. Angeboten wurden die Eier in einem Lebensmittelmarkt im Kreis.

 

Das Foto eines der Eier hat die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite veröffentlicht. „Man versucht, uns das von Seiten des Betroffenen zu untersagen“, sagt Haskamp – man habe aber nicht vor, das Bild aus dem Netz zu nehmen. „Eine Verbraucherin hat sich vergangene Woche bei uns gemeldet. Wir haben die Eier an die zuständige Lebensmittelüberwachung im Rems-Murr-Kreis weitergegeben“, erklärt Haskamp, der von einer Täuschung der Verbraucher spricht.

Kontrollen im unter Verdacht geratenen Betrieb

Martina Nicklaus, die Pressesprecherin des in diesem Fall zuständigen Landratsamts versichert: „Wir sind mit Hochdruck hinter der Sache her.“ Es gebe Kontrollen im unter Verdacht geratenen Betrieb und in Supermärkten, man stecke aber noch mitten in den Ermittlungen. Laut Nicklaus sind bislang insgesamt fünf doppelt codierte Eier im Landkreis aufgetaucht, die mit weiteren Eiern des Erzeugers im dafür zuständigen Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg untersucht würden. Da in diesem Fall der Anfangsverdacht einer Straftat nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetz bestehe, habe sich die Staatsanwaltschaft Stuttgart eingeschaltet. Für letztere sagt deren Pressedezernent Jan Holzner, derzeit prüfe man den Umfang des Tatvorwurfs und die Frage, ob eine Straftat vorliege. „Wenn nur fünf oder sechs Eier betroffen sind, ist die Sache wohl schnell abgehakt.“

Der Chef des in die Kritik geratenen Geflügelhofs erklärt auf Anfrage dieser Zeitung, dass er keine Erklärung habe für die massiven Vorwürfe. Am Telefon redet sich der Mann ganz schnell in Rage, er schimpft über die Medien, die ihn in den Ruin trieben. Die ersten Kunden blieben schon weg. Aus seiner Sicht, erklärt der Landwirt, müsse der niederländische Stempel nachträglich aufgebracht worden sein auf die Eier. Der Mann spricht von Fakenews, sagt, bei dem Foto von einem der Eier handle es sich möglicherweise um eine Montage. Oder die Eier seien aus den Supermarktregal genommen, manipuliert und dann vom Täter wieder zurückgestellt worden.

„Ich lasse mir nichts anhängen.“

Er beteuert, dass auf seinem Hof alles korrekt ablaufe, „wir wirtschaften ordentlich“, alles sei sauber. Auf der Internetseite des Betriebs heißt es: Die Kunden könnten die Eier ohne Bedenken essen. „Glauben Sie im Ernst, ich bin so blöd und kaufe in den Niederlanden Eier und verkaufe diese weiter?“ Damit, sagt der Mann, würde er sich die Jahrzehnte lange, harte Arbeit kaputt machen. Kurz nach dem Beginn des Fipronil-Skandals habe er die Eier aus seiner Produktion untersuchen lassen, „alles tipptop, picobello.“ Die Großfamilie arbeite 365 Tage im Jahr von früh bis spät, selbst der Senior und die Kinder packten mit an. Er habe noch nie im Leben einen Anwalt gebraucht, „und jetzt muss ich einen nehmen“. Er lasse sich „aber nichts anhängen“. Dann sagt der Mann, er brauchte jetzt seine Ruhe – und legt den Hörer auf.

1299 Hühnerhalter im Rems-Murr-Kreis

Zahlen :
Im Rems-Murr-Kreis gibt es nach Auskunft des Landratsamtes 1299 gewerbliche und private Hühnerhalter. Von diesen besitzen 59 mehr als 100 Hühner. Im Landkreis sind 315 Hühnerhalter gewerblich tätig.

Fipronil :
Die Nachfrage nach regional produzierten Eiern ist laut Auskunft mehrerer Geflügelhalter seit dem Bekanntwerden des Fipronil-Skandals gestiegen. In Belgien wurde ein für die Nutztierhaltung zugelassenes, rein pflanzliches Desinfektionsmittel mit dem für die Nutztierhaltung verbotenen Fipronil gemischt. Dieses Mittel wurde dann von einer niederländischen Firma in etlichen Ställen in den Niederlanden eingesetzt. Viele Millionen belastete Eier wurden auch nach Deutschland verkauft.