Seit 30 Jahren betreibt Detlef Engelhard den Musikverlag Termidor. Er hat sich auf Latino-Klänge spezialisiert.

Remseck - Thermidor – so nannten die Franzosen in den Revolutionsjahren den Erntemonat. Detlef Engelhard ist sich sicher: Auch der Musikbranche stehe heute eine Revolution bevor. Rückgänge beim Verkauf von CDs, mehr Absatz im Internet und durch Tourneen – „was da passiert, kann noch keiner ermessen“, sagt Engelhard, und weiter: „Ich sehe für die Musikindustrie noch lange kein Ende.“

 

Für Engelhard und seinen Musikverlag Termidor ist das aber kein Grund zur Beunruhigung. Er ist spezialisiert auf lateinamerikanische Musik, vor allem kubanische Klänge haben es dem Hobby-Trompeter angetan. Seit er vor 30 Jahren den Musikverlag gegründet hat, konnte er sich immer besser im internationalen Geschäft etablieren. „Ich war von Beginn an der Meinung, dass es besser ist, in einer kleinen Nische der Größte zu sein, als im großen Strom mitzuschwimmen“, sagt Engelhard. Sein Sohn José ist zuständig für Werbung und Internet , der Vater regelt das Vertragliche.

Mittlerweile fragen Hollywood-Studios bei dem 61-Jährigen wegen Musikrechten an. In US-Serien wie „Dexter“ oder „Justified“ liefen Stücke des Remsecker Verlags und auch in Shakiras Hit „Hips don’t lie“ waren Elemente eines Termidor-Stücks. Diese Prestige-Nummern seien aber „alles Peanuts“ im Vergleich zu dem, was sich im Internet mit Musik verdienen ließe, meint Engelhard, der sich gern offen für Neues zeigt. So war sein Verlag nach eigenen Angaben der erste in Europa, der mit Apple Verträge für iTunes schloss.

Google und Co. wollen nicht lange verhandeln

Internetfirmen wie Google oder Microsoft wollten bei Musikrechten nicht lange verhandeln, „die wollen Pauschalverträge“, sagt Engelhard. Und da er als kleiner Verlag alle Rechte an seinen Titeln habe, könne er bei Verhandlungen auch schnell zusagen. Mit seinem Label „Timba“ habe er auch verschiedene Musiker unter Vertrag. In den letzten 30 Jahren hat Engelhard 130 Alben selbst produziert, viele davon gleich auf Kuba. Spricht er davon, erinnert er sich an Vertragsunterzeichungen in Hinterhofruinen von Havanna oder kubanische Künstler, die zu einem Geschäftsessen nicht in das Touristen-Restaurant durften.

Heute kommen die kubanischen Musiker nach Ludwigsburg, beispielsweise Mayito Rivera. „Hierzulande zuckt bei dem Namen niemand, in der Latino-Szene würden aber alle vor Ehrfurcht erstarren“, sagt Engelhard. Rivera war 20 Jahre lange Sänger der Gruppe Los Van Van, der bekanntesten Band Lateinamerikas.

Kubanische Superstars in Ludwigsburger Café

Im August kommt Rivera nach Ludwigsburg, um in einem Musikstudio ein Album mit der Band Soneros de Verdad aufzunehmen. Danach spielen sie im kleinen Rahmen ein Testkonzert in einem Ludwigsburger Café, das Engelhards Frau gehört. Werbung machen die Engelhards dafür nicht, „das darf man gar nicht auf Facebook verbreiten, sonst drehen die Fans durch“, scherzt Engelhard. So geschieht es, dass zu den Konzerten dann Zuhörer kommen, die nicht wissen, dass vor ihnen kubanische Superstars spielen.

Der Fokus auf wenige Musiker wie Mayito Rivera oder auch der Stuttgarter Jazz-Legende Wolfgang Dauner ist dem wirtschaftlichen Umbruch in der Musikbranche geschuldet. Das meiste Geld verdient Termidor mit Auftragsarbeiten, zum Beispiel Salsa-Compilations für den Spiegel oder für die Zeit. Da greift Detlef Engelhard in seine gut sortierte Sammlung aus 35 000 Titeln und stellt etwas zusammen. „Damit kommt das Geld rein für meine Liebhaber-Objekte“, sagt er und zeigt gleich ein Beispiel aus seinem Sortiment: eine CD von Arturo Sandoval aus dem Jahr 1986, einem kubanischen Trompeter, der zehn Grammys gewonnen hat. Engelhard streicht über das Cover: „Ich will, dass es diese Platte gibt, weil ich die Musik für wichtig halte“, sagt er. Sie sei ein „Meisterwerk“ und er werde sie weiter im Katalog behalten, auch wenn er im Jahr nur zehn davon verkaufe. „Diese Platte wird es geben, so lange ich lebe.“