Der Gemeinderat stimmt gegen ein Rückhaltebecken am geplanten Lückenschluss. Denn die Kosten müsste die Stadt alleine tragen. Stattdessen sollen mit einzelnen Bauvorhaben ganz gezielt Häuser und Flächen vor Hochwasser geschützt werden.

Renningen - Es tut sich was in Sachen Hochwasserschutz. Bekanntermaßen treten Maisgraben und Rankbach bei starken Regenfällen schnell einmal über die Ufer. Die Bewohner von Renningen und Malmsheim sollen fortan durch mehrere kleine Maßnahmen, etwa durch Dämme oder Mauern, vor Hochwasser geschützt werden. Das hat der Gemeinderat am Mittwochabend einstimmig entschieden. Die große Lösung, ein Rückhaltebecken vor den Toren der Stadt, ist vom Tisch.

 

Vielen Bürgern dürfte jener Tag im Juli 2013 noch gut in Erinnerung geblieben sein. Es gab ein heftiges Gewitter, binnen kürzester Zeit traten Maisgraben und Rankbach über die Ufer, zahlreiche Keller und Wohnungen liefen voll. Der Schaden war immens, ein junges Paar verlor gar sein ganzes Hab und Gut (wir berichteten). Forderungen nach mehr Hochwasserschutz wurden laut. „Die Verwaltung hat das Problem erkannt“, erklärte der Bürgermeister Wolfgang Faißt im Oktober 2013 bei einer Infoveranstaltung.

Das Ingenieurbüro Wald und Corbe aus Hügelsheim hat das Flussgebiet rund um Renningen und Malmsheim inzwischen eingehend untersucht und getestet, wie sich Hochwasser, die alle 10, 20 oder gar alle 100 Jahre vorkommen, auf den Wasserstand von Rankbach und Maisgraben auswirken. Gut anderthalb Jahre nach dem letzten großen Hochwasser liegen nun mehrere Lösungsansätze auf dem Tisch.

Das Rückhaltebecken ist vom Tisch

Das Böblinger Landratsamt hatte einst die Idee aufgeworden, am Renninger Ohr, nahe der Stelle, an der der geplante Lückenschluss der Bundesstraßen 295 und 464 seinen Platz finden soll, ein Rückhaltebecken zu bauen. „Aus unserer Sicht wäre der Standort gut geeignet“, erklärte der Ingenieur Hans Göppert am Mittwoch. Liegt der Knackpunkt doch draußen vor der Stadt. Bei der Sessler-Mühle laufen Rankbach und Maisgraben zusammen. Hier sind die Wiesen und Koppeln immer wieder überflutet, auch nach normalen Regentagen versickert das Wasser oft tagelang nicht. „Und wenn es in Warmbronn oder Magstadt heftig regnet, bekommen die Bewohner im Gebiet Burg schnell nasse Füße“, weiß der Renninger Stadtbaumeister Hartmut Marx. Von einem Jahrhundert-Hochwasser ganz zu schweigen. In diesem Fall könnte das angedachte Rückhaltebecken knapp 620 Millionen Liter Wasser fassen und einen großen Teil der Massen abfangen, bevor sie in die Stadt schießen. Doch das Becken sowie einzelne Schutzmaßnahmen entlang des Maisgrabens und vor der Bahnlinie am Rankbach kosten zwischen fünf und sechs Millionen Euro. Weil der Lückenschluss aber später komme als geplant und es keine Fördergelder gebe, müsse die Stadt die Kosten komplett übernehmen. „Und das ist wirtschaftlich nicht darstellbar“, erklärte Hans Göppert.

Stattdessen riet er dazu, Gebäude, Wege und neuralgische Punkte, wie etwa die Flächen bei der Kläranlage und den Sportanlagen, gezielt zu schützen. Man könne Wege höher legen, Schutzwälle und Mauern so nah wie möglich an die Häuser heranbauen und Keller mit wasserdichten Türen und Fenstern absichern. In Malmsheim, wo der Rankbach nicht allzu oft über die Ufer tritt, reichten eventuell schon erhöhte Türschwellen hier und da aus. An einigen Stellen ist der Rankbach schon renaturiert. Auch das trage zum Schutz bei. „Wichtig ist, dass sich die Ist-Situation an der einen Stelle nicht durch eine Maßnahme woanders verschlechtert“, machte der Ingenieur Göppert mehrmals deutlich. Die lokalen Maßnahmen hätten im Übrigen die gleiche Schutzwirkung wie das Rückhaltebecken.

Die Verwaltung arbeitet an einem Konzept

Nun ist die Stadtverwaltung am Zug. Ein Konzept muss her, die darin enthaltenen Schutzmaßnahmen sollten unabhängig voneinander und stufenweise umgesetzt werden können. Hans Göppert zufolge kommen da Kosten zwischen 1,3 und 1,9 Millionen Euro auf die Stadt zu. „Aber die Chancen auf Förderungen stehen gut“, erklärte der Ingenieur. Liegt das Konzept vor, hat der Gemeinderat das letzte Wort.

Es kommt Bewegung in die Sache. „Endlich können wir beginnen. Die Bevölkerung wartet darauf“, sagte CDU-Mann Peter Weiß und machte deutlich, dass die Wohnbereiche als erstes geschützt werden müssten. „Dann müssen aber auch alle Anwohner und Eigentümer mitziehen“, gab Alfred Kauffmann von den Freien Wählern zu bedenken. Darin sieht der Fachmann Göppert allerdings kein Problem. Theoretisch gebe es das Recht der Enteignung. „Doch davon mussten wir noch nie Gebrauch machen.“