Der Bürgermeister Wolfgang Faißt will als neuer Landesvorsitzender der Freien Wähler Akzente setzen. Und natürlich am 11. Mai Landrat des Rems-Murr-Kreises werden. Im Gespräch mit unserer Zeitung freut sich der 53-Jährige über die Unterstützung aus der Stadt.

Renningen - - Es ist eine ungewöhnliche Szene: Der Vize-Bürgermeister Marcus Schautt steht im Gemeinderat auf und wünscht Wolfgang Faißt alles Gute und viel Glück für die Landratswahl. Es kommt von Herzen. Bedauern schwingt mit, den Rathauschef nach 15 Jahren vielleicht verlieren zu können. Ein neues Amt hat Faißt schon. Seit Samstag ist er Landesvorsitzender der Freien Wähler und kann damit politisch gestalten. Für die Landratswahl am 11. Mai in Waiblingen rechnet er sich durchaus Chancen aus – und würde im Falle eines Scheiterns dennoch weiter „mit vollem Einsatz“ für Renningen arbeiten.
Herr Faißt, was wollen Sie als neuer Landesvorsitzender der Freien Wähler erreichen, welche Ziele haben Sie?
Wir wollen unseren Fokus auf die Basisarbeit richten, den Kontakt zu den Orts- und Stadtverbänden intensivieren. Der Landesverband soll eine stärkere Beratungsfunktion wahrnehmen und auf Landesebene für die Kommunen sprechen. Etwa wenn es um die Änderungen der Gemeindeordnung geht.
Sie meinen die von der Landesregierung geplanten plebiszitären Elemente wie mehr Themen bei Bürgerentscheiden und niedrigere Quoren dafür?
Genau. Die Organisation der Kommunalpolitik hat sich über Jahrzehnte bewährt, übrigens schon immer mit starker Bürgerbeteiligung. Die Gemeinderäte können schon bisher Bürgerentscheide anberaumen, das ist schon oft geschehen. Wir müssen sehr vorsichtig sein, funktionierende Regelungen zu ändern. Wir sagen: Hände weg von der Gemeindeordnung, das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung darf nicht torpediert werden.
Werden Sie jetzt ein lautstarker Vorkämpfer dafür werden, dass die Kommunen mehr Geld vom Land erhalten?
Natürlich geht es auch um die Finanzen. Vor allem bei der Flüchtlingsunterbringung, hier muss die Ausstattung der Kommunen noch deutlich verbessert werden. Aber auch bei der strukturellen Krankenhausfinanzierung muss sich das Land bewegen. Wir werden aber nur landespolitische Themen aufgreifen, die einen Bezug zur Kommunalpolitik haben.
Die Freien Wähler wollen also keine Partei werden und bei den Landtagswahlen eigenständig antreten?
Nein, wir sind keine Partei, weil wir keine Ideologie verfolgen. Das zeichnet uns gerade aus. Wir distanzieren uns von der Gruppierung, die unter unserem Namen bei der Landtagswahl kandidiert. Die Freien Wähler sehen sich nicht als Opposition oder Gegner der Regierung, sondern als Repräsentant der stärksten kommunalpolitischen Kraft. Damit treten wir viel effektiver auf, als wir das als Partei könnten.
Wie viel Zeit beansprucht der Landesvorsitz? Als Bürgermeister haben Sie jetzt schon eine 60-Stunden-Woche . . .
Manchmal sogar eine 80-Stunden-Woche. Wir haben daher die Organisation des Freie-Wähler-Landesverbandes so umgebaut, dass es im Ehrenamt funktionieren kann. Neben dem Landesvorsitzenden gibt es vier geschäftsführende Vorstände, für jeden Regierungsbezirk einen. Sie sind die Gesichter vor Ort. Auch im erweiterten Vorstand hat jeder eine Funktion, Beisitzer gibt es bei uns nicht mehr.
Ihr legendärer Vorsitzender Heinz Kälberer hatte als Pensionär mehr Zeit . . .
Ja, wobei er ja lange Jahre sein Amt als OB von Vaihingen/Enz parallel ausgeübt hat. Wir müssen die Arbeit verteilen, damit wir besser wahrgenommen werden. Sonst erkennt die Basis vor Ort auch nicht mehr den Wert des Landesverbandes.
Wie schätzen Sie Ihre Chancen bei der Landratswahl im Rems-Murr-Kreis ein?
Das kann man noch nicht vorhersehen. Jedes Ergebnis ist möglich, das Rennen ist vollkommen offen. Bei meinem Besuch in der CDU-Fraktion war man sehr stolz darauf, dass es drei so hervorragend qualifizierte Kandidaten gibt.
Womit werben Sie im Waiblinger Kreistag, was ist ihr Profil als Kandidat?
Ich habe auch bei meiner Vorstellung in der CDU-Fraktion die Frage gestellt: Welcher Kandidat hat eine 14-jährige Erfahrung als Leiter einer Kommunalverwaltung? Als Vorsitzender eines kommunalen Gremiums? Elf Jahre als Kreisrat, der damit auch deren Sichtweise kennt und versteht? Und der repräsentative Termine wahrnimmt? Das ist mein Alleinstellungsmerkmal, damit trete ich an. Wenn das gewünscht wird, bin ich der Richtige.
Ihr Gemeinderat hat Ihnen Glück gewünscht, mit welchen Gefühlen schauen Sie auf den 11. Mai, den Tag der Landratswahl im Kreistag Rems-Murr?
Diese Wahl wird für mich in keinem Fall mit einer Niederlage enden. Es ist eine Entscheidung, die zeigt, wo mein Platz ist. Entweder als Landrat in Waiblingen, oder als Bürgermeister in Renningen, was ich sehr gerne bin. Wenn es nicht klappt, werde ich weiterhin mit vollem Einsatz für Renningen arbeiten. Dann kann ich sagen, alles versucht und diese Chance genutzt zu haben, als sie sich geboten hat.