Das Unternehmen leidet offenbar unter hohen Umsatzeinbußen und hat Insolvenz angemeldet. Es wird für die Erdhebungen in Böblingen verantwortlich gemacht.

Böblingen - Die Renninger Bohrfirma von Erwin Gungl hat beim Amtsgericht Stuttgart einen Insolvenzantrag gestellt. Dies sei am 11. September geschehen, am 17. September sei er an das zuständige

 

Amtsgericht in Ludwigsburg weitergeleitet worden, sagte ein Gerichtssprecher. Gungl wird für 17 unsachgemäß durchgeführte Erdwärmebohrungen verantwortlich gemacht, die er zwischen den Jahren 2006 und 2008 in zwei Böblinger Wohngebieten vornehmen ließ. Die Schadenssumme liegt dem Anwalt der Betroffenen zufolge zwischen 50 und 60 Millionen Euro.

In Böblingen wurde das Ausmaß im Jahr 2013 deutlich

Bei den Bohrungen war vermutlich Wasser in Gipskeuperschichten gedrungen, die nach und nach aufquollen. Die Erde hob sich um bis zu einem halben Meter. An 200 Gebäuden entstanden teilweise erhebliche Schäden, die ersten wurden 2009 bemerkt. Bis das gesamte Ausmaß klar war, dauerte es aber bis 2013.

Gungl gab zu der Insolvenz und über die finanzielle Situation seiner Firma am Montag keine Auskunft. Eberhard Haaf, der Freiburger Rechtsanwalt, der in Böblingen die geschädigten Hausbesitzer juristisch berät und vertritt, hat nach eigenen Angaben schon vor zwei Jahren festgestellt, dass „die Firma schon länger schlecht dasteht weil die Umsätze ziemlich eingebrochen sind“. Die Information erhielt er über die Bonitätsauskunft des Inkasso-Unternehmens Creditreform.

30 beschädigte Häuser in Leonberg

Den Knick in der Umsatzkurve verursachten wohl auch Geothermiebohrungen der Firma Gungl in Leonberg-Eltingen im Jahr 2011. Dort erlitten 30 Häuser Schäden, weil Grundwasserschichten getroffen wurden und die Erde absackte. Gungl nahm die Sanierung selbst vor. „Wir pumpten Unmengen von Zement hinein“, berichtete er auf einer Energiemesse in Sindelfingen Anfang 2014, wo er noch für die Geothermie und sein Unternehmen warb. Er habe wegen der Schäden weniger Aufträge für Einfamilienhäuser erhalten, den Rückgang fange er jedoch durch Großaufträge auf, etwa durch mehr als hundert Erdwärmebohrungen für die Allgemeine Rentenanstalt in Stuttgart. Während der Boomphase von 2007 bis 2010 habe sein Familienunternehmen jährlich 700 bis 800 Bohrprojekte realisiert, berichtete er auf der Messe.

Laut dem Bundesverband Geothermie sind die Umsätze in der Branche in den vergangenen Jahren dramatisch eingebrochen. Die Zahl der neu gebauten Erdwärmeanlagen habe sich im Jahr 2014 im Vergleich zu 2008 halbiert, erklärte der Pressesprecher Gregor Dilger. Mehrere Gründe seien dafür verantwortlich. „Die Verbraucher haben natürlich die Schadensfälle im Hinterkopf“, sagte Dilger. Aber auch die strengeren Auflagen sowie die teilweise günstige Preisentwicklung bei anderen Energiequellen seien dafür ausschlaggebend. Weil es seit diesem Jahr mehr Fördergeld gebe, steige die Nachfrage aber wieder.

Welche Versicherung ist für die Schäden zuständig?

Die Insolvenz der Firma Gungl ist laut dem Rechtsanwalt Haaf für die Böblinger Geschädigten sogar von Vorteil: „Wir brauchen nicht mehr Gungl zu verklagen, sondern können uns an die Versicherungen wenden.“ In Leonberg hatte die Allianz die Bohropfer entschädigt. Sie war vom Jahr 2009 an Vertragspartner von Gungl, davor war er bei der Württembergischen und bei der AIG versichert. Ein außergerichtliches Schiedsverfahren soll nun klären, welche der Versicherungen für die Schäden an den Böblinger Gebäuden zuständig ist. Haaf, der schon die Geschädigten der Erdwärmebohrungen in Staufen im Breisgau vertrat, geht von einer Schadenssumme in Böblingen von 50 bis 60 Millionen Euro aus.