Vor 300 Zuschauern wird der langjährige Bürgermeister und Landrat Bernhard Maier zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Seine Nachfolger in beiden Ämtern, Wolfgang Faißt und Roland Bernhard, bezeichnen den 70-Jährigen als „Glücksfall“.

Renningen - Es ist gar nicht so einfach, Bernhard Maier zum Ehrenbürger zu ernennen. Zum ersten Mal hat Wolfgang Faißt es vor 15 Jahren versucht, als Maier Landrat wurde. Doch nein, er wollte neutral sein, der Malmsheimer lehnte ab. Dann 2008, zum Ruhestand, der erneute Anlauf. Maiers Antwort: „Nein, ich will noch in kurzen Hosen durch den Flecken laufen können.“ Vor dem 70. Geburtstag brauche man gar nicht erst zu fragen.

 

Der ist nun eingetreten, Maier beginnt zu seinem eigenen Erstaunen sein achtes Lebensjahrzehnt – und endlich hat er die Bitten seiner Heimatstadt erhört. Und so ist praktisch alles, was Rang und Namen hat, aus Renningen, dem Landkreis und sogar aus der Region Stuttgart in die Stegwiesenhalle gekommen, um diesem feierlichen Moment beizuwohnen.

Maier: Bitte nur eine Würdigung

Und Maiers 70. gebührend zu feiern. Beides wäre Anlass für jeweils ein gesondertes Fest. Doch auch hier bleibt der Jubilar eisern: Bitte nur eine Würdigung, Kreis und Stadt sollen sich die Kosten teilen. „Zwei solche Veranstaltungen verträgt selbst ein rüstiger 70er nicht“, schmunzelt der alte Fuchs in seiner Mischung aus Bescheidenheit und Verschmitztheit.

Rappelvoll ist es in der Halle. Der Gratulationsparcours zu Beginn will gar kein Ende nehmen. Dann spielt der Musikschulleiter Christoph Rin Dolge zusammen mit seiner Tochter Clara Emilia den Allegro-Satz eines Vivaldi-Doppelkonzertes so hinreißend, dass er gut als später Dank durchgeht – Maier hat die Musikschule nämlich einst gegründet.

Es beginnt eine kaum enden wollende Aufzählung von Verdiensten aus 26 Jahren als Bürgermeister und acht als Landrat, der als Glücksfall gelte. Der aktuelle Kreischef Roland Bernhard redet gar von einer „Seligsprechung“ seines Amtsvorgängers, der den Klinikverbund Südwest begründet, die S 60 in die Wege geleitet und die Verwaltungsreform umgesetzt habe.

„Ich habe selten einen Menschen gesehen, der so in sich ruht“, sagt Bernhard, „ein brillanter Redner, der Kraft seiner Argumente komplizierte Sachverhalte einfach darstellen kann.“ Als Geschenk überreicht Bernhard eine englische Rose. Vielmehr lässt er überreichen – am Bürgermeister Wolfgang Faißt vorbei hat er nämlich dessen Bauhof beauftragt, die Pflanze in Maiers Garten zu setzen.

Faißt nimmt’s gelassen, und erinnert daran, dass Renningen erst drei Ehrenbürger hat – die im 19. Jahrhundert geboren sind: Den Lehrer Emil Höschele, den Arzt Ernst Bauer sowie die Wohltäterin Anna Maria Beurer. „Und nun Bernhard Maier“, sagt der Rathauschef, der von seinem Vorgänger 2000 einen Rat bekam: „Sie können davon ausgehen, dass Sie den schönsten Beruf der Welt haben. Das Gehalt mag in Ordnung sein, nur der Stundenlohn ist nichts.“ Aber auf Stunden hat Maier ohnehin nie geachtet. Als gebürtiger Malmsheimer gelang es ihm, die beiden Orte zusammen wachsen zu lassen, die Umgehungsstraße zu bauen, Schulzentrum, Gymnasium und Sozialstation ins Leben zu rufen, und nicht zuletzt 1982 die Partnerschaft mit Mennecy. „All dein Schaffen für unsere Stadt war dir immer eine Herzensangelegenheit“, sagt der Schultes am Ende einer wahrhaft endlosen Aufzählung aller Aktivitäten Maiers.

Nicht fehlen darf ein Lob und Blumenstrauß an die Ehefrau und an Familie – für die vielen Stunden, in denen der Gatte und Vater nicht zu Hause war.

Er hat es noch, das Charisma

Und der Jubilar selbst? Er hat es noch, das Charisma, die Ausstrahlung. Sobald er die Bühne betritt, ist es still im Saal. Der sonore Bass, wie man ihn seit 40 Jahren kennt. „Ich gebe zu, dass ich bewegt bin“, sagt der für seine sprichwörtliche Gelassenheit bekannte 70-Jährige. Ja, er ist schon ein wenig stolz. Vor allem dass neben den Honoratioren auch 100 Bürger gekommen sind. „Ich bin dankbar, in Demokratie und Frieden 70 werden zu dürfen“, erklärt Bernhard Maier den Zuhörern.

Und erzählt, dass ihn ein Brief besonders belustigt hat: „Ein Bekannter hat mir geschrieben, dass ich mich als Ehrenbürger jetzt immer ordentlich benehmen muss, wenn ich aus dem Haus gehe. Und zu jedem Anlass etwas spenden.“ Man könne eine Ehrenbürgerschaft zwar verzögern, aber nicht verhindern. Maier ist dankbar, dass er seine beruflichen Fähigkeiten entfalten konnte. Er bekennt aber auch, dass es für ihn einfacher gewesen sei, in den Aufbruchszeiten zu gestalten als heute: „Ich beneide meine Nachfolger nicht.“

Am Ende steht der ganze Saal zum Applaus, alle zollen ihm Respekt für die große Lebensleistung. Wolfgang Faißt hat eine beruhigende Botschaft für den frisch gebackenen Ehrenbürger: „Du darfst gerne weiter in kurzen Hosen auf dem Rad durch unseren Flecken fahren.“