In Plieningen soll es ein Repaircafé im Wohnprojekt an der Körschstraße geben. Ehrenamtliche sollen Leuten helfen, ihre defekten Geräte selbst zu reparieren. Die geplante Werkstatt soll auch den Nachbarschaftsgeist stärken.

Plieningen - An einen alten Toaster kann der Besitzer sein Herz hängen. Oder er geht in einen Discounter um die Ecke und holt sich für wenige Euro einen günstigen Ersatz. In den Niederlanden machten sich 2009 Ehrenamtliche Gedanken, wie sich ein Zeichen gegen die Wegwerfmentalität setzen lässt. Sie schufen in Amsterdam eine Selbsthilfewerkstatt und nannten sie Repaircafé. Der Gedanke verbreitete sich über die Welt und soll, nach mehreren erfolgreichen Projekten anderswo in der Landeshauptstadt, nun auch in Plieningen Wurzeln schlagen.

 

Der Verein Integrative Wohnformen der Stuttgarter Wohnungsunternehmen betreibt das Wohnprojekt für Senioren an der Körschstraße. Dazu gehört das Wohncafé, in dem sich die Anwohner zum Plausch oder zu Veranstaltungen treffen können. In einem möglichst regelmäßigen Abstand soll das Wohncafé nun zum Repaircafé werden, lautet der Plan des Vereins. Voraussetzung ist, dass sich genug Ehrenamtliche finden, die das Projekt tragen.

Multiplikatoren sollen werben

Wir wollen erst einmal Starthilfe geben“, betonte Joachim Giehrl vom Verein. Giehrl und seine Mitstreiter haben zu einer ersten Infoveranstaltung im Wohncafé an der Körschstraße am Montag Plieninger eingeladen, die als Multiplikatoren für das Projekt werben sollen.

Vertreter des Bezirksrathauses und des Bezirksbeirats saßen im Wohncafé ebenso bei Kaffee und Kuchen am Tisch wie Brigitte Schumm, die Delegierte des Stadtseniorenrats für Plieningen und Birkach. Sie hörten sich an, wie Vertreter des Vereins Integrative Wohnformen das aus den Niederlanden stammende Konzept des Repaircafés vorstellten. Dabei sollen Freiwillige als Experten mit ihrem Wissen und mit dem entsprechenden Werkzeug den Besuchern zur Seite stehen, wenn deren Geräte schadhaft sind. Im Zweifelsfall sollen sie aber auch selbst mit anpacken, um etwa einen Fahrradschlauch zu flicken oder einen defekten Rasierer wieder funktionstüchtig zu machen.

Nachbarschaft stärken

All das sollen Ehrenamtliche leisten. Denkbar wäre es aber, ein Kässchen aufzustellen, in dem dankbare Besucher des Repaircafés einen Obolus hinterlassen, schlug Joachim Giehrl vor. Das Werkeln soll in einer angenehmen Atmosphäre vonstatten gehen. „Es soll Kaffee und Kuchen geben und genügend Raum für gute Gespräche“, sagte Vera Stephan, die wie Joachim Giehrl den Verein vertritt. Ziel des Projekts sei es eben auch, den Geist der Nachbarschaft zu stärken, sagte sie. Dennoch verfolgen Repaircafés auch weitergehende Ziele. Müll wird als Umweltproblem ausgemacht, das es durch eingeschränkten Konsum neuer Güter zu begrenzen gilt. Im November 2013 wurde das Repaircafé eines Berliner Vereins vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) mit dem Berliner Umweltpreis ausgezeichnet.

Die Plieninger Zuhörer aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft interessierten sich vor allem für praktische Fragen. Wer besorgt das Werkzeug, mit dem die defekten Geräte wieder in Schuss gebracht werden sollen? Wie sind die ehrenamtlichen Experten versichert, falls ein repariertes Gerät wieder versagt oder gar Schaden verursacht? Der Verein Integrative Wohnformen versuchte zu beruhigen. So würde das Werkzeug zunächst zur Verfügung gestellt, betonte Joachim Giehrl. Im weiteren Verlauf werde darauf gesetzt, dass weiteres Werkzeug gespendet wird, sagte er. Alle ehrenamtlichen Helfer seien versichert, sagte Giehrl. „Wenn etwas schiefgeht, ist das wasserdicht.“

Die Plieninger konnte der Verein mit diesen Argumenten überzeugen. Sie waren am Ende der Veranstaltung einhellig der Meinung, dass ein Repaircafé an der Körschstraße eine gute Idee wäre.

Weiterer Info-Abend am 9. Juni

Am Dienstag, 9. Juni, gibt es im Wohncafé , Körschstraße 44, um 19 Uhr eine weitere Veranstaltung zum Repaircafé. Dabei sollen freiwillige Helfer gefunden werden.