Die Internetkonferenz Republica wird zehn Jahre alt. Sie ist mit der Digitalisierung gewachsen – und gefragt wie nie zuvor.

Berlin - Mehr als 7000 Besucher werden von Montag an auf der Internet-Konferenz Republica in Berlin erwartet. Damit ist die einst als Bloggertreffen gestartete Konferenz zum zehnten Geburtstag auf das Zehnfache angewachsen: 2006 trafen sich rund 700 Blogger zur ersten Republica. „Damals war noch nicht klar, ob es überhaupt ein zweites Treffen geben würde“, sagt Hauptkuratorin Sandra Mamitzsch. Hauptziel der damaligen Veranstaltung sei gewesen, sich mal persönlich zu treffen: „Man kannte sich nur aus den Kommentarspalten im Internet.“ Damals war die Bloggerszene noch überschaubar, viele diskutierten regelmäßig im Netz, so dass das Bedürfnis gewachsen sei, sich auch mal im echten Leben auszutauschen.

 

Während die ersten Treffen weit unter der Wahrnehmungsschwelle einer breiteren Öffentlichkeit stattfanden, wird die Konferenz seit einigen Jahren immer bekannter, sogar die Tagesthemen berichten inzwischen darüber – was in der Internetszene als Inbegriff dafür gilt, etabliert zu sein. Aber wollen das die Veranstalter überhaupt? Zumindest birgt die Beliebtheit einige Fallen: „Wir könnten anfangen klassische Messestände zu bauen und auszusehen wie eine klassische Messe“, sagt Republica-Gründer Andreas Gebhard im Interview mit der Zeitschrift „Wired“, „aber das wollen wir nicht.“ Trotz der Größe sei es wichtig, die Liebe zum Detail nicht zu verlieren. Ähnlich argumentiert die Programmchefin: „Wichtig ist das Herzblut dabei: Wir machen eine Konferenz, auf die wir gerne selber gehen würden.“ Was aber macht das aus? Worauf basiert die Programmauswahl? Bis heute ist es für viele Teilnehmer ein Hauptgrund, „die Menschen zu treffen, mit denen man im Internet lebt.“ Manche Besucher verbringen die gesamte Konferenz in den Networking-Bereichen, um zu diskutieren und Leute kennen zu lernen.

Das Programm wird immer umfangreicher

Dennoch ist auch das Programm immer wichtiger und immer umfangreicher geworden. Auf den so genannten „Call for Papers“ im Dezember, bei dem sich Interessierte darum bewerben können, einen Beitrag zu halten, folgten knapp 1000 Einreichungen – und das, obwohl die Vorträge nicht bezahlt werden. 300 davon hat das Programmkomitee in den letzten Monaten ausgewählt. Während es in den vergangenen Jahren stets ein inhaltliches Motto gab, lautet das diesjährige schlicht „TEN“, wie „zehn“ zum zehnten Geburtstag. Prompt wurden Stimmen im Netz laut, die befürchteten, die Konferenz solle sich nur noch um sich selbst drehen und dieses Jahr rein retrospektiv ausgerichtet sein. Das sei zum Teil auch gewollt, sagt Mamitzsch: „Wir wollen zeigen: schaut euch an, nur durch eure Hilfe ist die Republica das geworden, was sie ist.“ Allein 500 Helfer tragen in diesem Jahr zum Gelingen bei, und trotz der Größe bleibt der Anspruch bestehen: die Besucher sollen mitgestalten.

Neu ist dieses Mal ein Themenschwerpunkt rund um Theater und Musik. Und wie immer dreht sich die Konferenz um all die neuen digitalen Technologien und die Metaebene: wie verändern sie die Gesellschaft? Die Themen haben sich über die Jahre inhaltlich verbreitert, sagt Mamitzsch: „Inzwischen ist jedes Thema auch ein digitales Thema.“ Aber nicht nur die Technik, auch die Umgangsformen im Netz liegen den Veranstaltern am Herzen, weshalb sich dieses Jahr unter anderem ein Schwerpunkt zum Thema „Hatespeech“ durchs Programm zieht: die Hassrede im Netz erlangte in letzter Zeit traurige Berühmtheit unter anderem durch rechtsradikale Kommentare und terroristische Rekrutierung in sozialen Netzwerken.

Der Spaß soll nicht zu kurz kommen

„Aber der Spaß darf auch nicht zu kurz kommen“, sagt Mamitzsch. Schließlich kommt rund die Hälfte der Besucher in ihrer Freizeit zur Konferenz. Darunter übrigens nicht nur alte Hasen: in jedem Jahr ist die Hälfte der Teilnehmer zum ersten Mal dabei. Viel mehr wissen die Veranstalter nicht über ihr Publikum: „Wir sind ja für Datenschutz und erheben gar nicht viele Daten von unseren Besuchern“, sagt Mamitzsch und lacht. Das ist wohl einer der wenigen politischen Punkte, auf die sich das Team festlegen lässt: „Unser Ziel ist eine offene Gesellschaft, die Wert legt auf Freiheit und Grundrechte und den Nutzer ins Zentrum stellt.“