Die Bundesregierung verschärft das Aufenthaltsrecht für EU-Bürger. Sie will damit und mit weiteren Maßnahmen den Missbrauch von Sozialleistungen unterbinden.

Berlin - Zu Jahresbeginn sorgte die CSU mit einer Kampagne für Wirbel, die sich gegen die Zuwanderung aus armen EU-Staaten in deutsche Sozialsysteme richtete. Während die Bayern für ihre Parolen („Wer betrügt, fliegt.“) anfangs belächelt worden sind, können sie nun auf Erfolge verweisen: Die Bundesregierung will die Gesetze verschärfen, um die Armutszuwanderung aus EU-Staaten zu erschweren. „Uns geht es um eine Versachlichung der Debatte“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der die Gesetzespläne gemeinsam mit Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vorstellte. Die neuen Regeln sollen in diesem Jahr in Kraft treten. Für die Bundesregierung gilt dabei, dass die Zuwanderung aus EU-Ländern für Deutschland eine Bereicherung darstellt. Der Großteil der EU-Bürger komme nach Deutschland, um hier zu arbeiten oder eine Ausbildung zu absolvieren. „Wir können die Augen aber nicht davor verschließen, dass es vor Ort Probleme gibt“, sagte der Innenminister. Der Missbrauch von Sozialleistungen soll unterbunden werden.

 

Vor allem aus den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien kommen mehr Zuwanderer, denn seit Jahresbeginn gilt für diese EU-Bürger die Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Die Bundesregierung erwartet, dass sich die Zahl der Zuwanderer aus diesen beiden Ländern von 71 000 im Jahr 2012 auf 120 000 bis 130 000 in diesem Jahr erhöht. In den meisten Fällen handele es sich um Beschäftigte mit hoher Qualifikation, betonte die Arbeitsministerin.

Nur noch sechs Monate Zeit für Jobsuche

Mit ihrem Gesetzespaket will die Regierung die Zuwanderung ins deutsche Sozialsystem erschweren. Das EU-Recht bietet dafür auch Möglichkeiten. Teil des Gesetzesentwurfs ist eine Verschärfung des Aufenthaltsrechts. Das Aufenthaltsrecht für Arbeitssuchende aus EU-Staaten soll künftig auf sechs Monate beschränkt sein. Solange haben künftig Arbeitnehmer aus der Europäischen Union Zeit, um hier einen Job zu finden. Nicht betroffen von dieser Regelung sind Rentner und Studenten aus EU-Ländern, die in Deutschland auch länger als sechs Monate bleiben können, wenn sie eine Krankenversicherung und ausreichende Mittel zum Leben nachweisen.

Von der Begrenzung der Aufenthaltsdauer erwartet sich der Innenminister spürbare Effekte. Wer die sechsmonatige Frist überschreite, ohne nachweisen zu können, dass er die begründete Aussicht auf eine Arbeit hat, verliert die Aufenthaltsberechtigung. Damit können dann beispielsweise keine Sozialleistungen mehr beantragt werden.

Außerdem müssen EU-Zuwanderer, die falsche Angaben machen oder gefälschte Dokumente vorlegen, mit einer befristeten Wiedereinreisesperre rechnen. Dies bedeutet: diese Personen dürfen für einige Zeit nicht mehr einreisen.

Kindergeld wird strenger überprüft

Mit dem Gesetz wird auch die Scheinselbstständigkeit bekämpft. Die Gewerbeämter sollen enger mit der Zollverwaltung zusammenarbeiten, um Fälle illegaler Beschäftigung aufzudecken. Innenminister de Maizière nannte dafür Beispiele: Die Gewerbeämter beobachteten häufig, dass Selbstständige aus EU-Ländern perfekt ausgefüllte Anträge einreichten, ohne einfache Fragen beantworten zu können. Künftig soll schon ein vager Verdacht auf Schleuser gemeldet werden.

Auch die Kindergeldanträge von EU-Bürgern werden strenger geprüft. Das Kindergeld soll nur gewährt werden, wenn die Antragsteller für ihre Kinder Identifikationsnummern angeben. Damit soll der doppelte Bezug von Leistungen verhindert werden. Prüfen will die Regierung noch einen Vorschlag der CSU, die das Kindergeld von EU-Bürgern in bestimmten Fällen kürzen will: weniger Geld soll es demnach geben, wenn die Kinder, für die Kindergeld beantragt wird, in den Heimatländern leben. Nach dem EU-Recht ist aber eine unterschiedliche Behandlung schwierig.

Für Städte, die besonders von Zuwanderung betroffen sind, bewilligt der Bund mehr Geld. Die Mittel sind für Kommunen wie Mannheim, Berlin oder Duisburg bestimmt. Der Bund hatte im Frühjahr ein Programm über 200 Millionen Euro für die betroffenen Städte angekündigt, nun sollen weitere 25 Millionen Euro fließen.