Investitionen für die Restrukturierung des Klinikums und andere Belastungen in zweistelliger Millionenhöhe müssen geschultert werden.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Bei den Beratungen für den kommenden Doppelhaushalt wird es auch wieder um die Frage gehen, wie viel Geld die Stadt in den nächsten beiden Jahren für ihr Klinikum aufbringen muss. Bisher hatte der Rat der Kinderklinik Olgäle pro Jahr fünf Millionen Euro als Defizitausgleich zugestanden. Nun sollen dazu für das gesamte Klinikum weitere 15 Millionen Euro kommen, unter anderem für Investitionen in medizinische Geräte.

 

Was ist eigentlich eine schwarze Null? Kein Plus in der Kasse, aber auch kein Minus? So einfach ist die Frage in diesem Fall nicht zu beantworten. Ziel der Restrukturierung des städtischen Klinikums ist es jedenfalls gewesen, bis Ende 2010 eine solche schwarze Null zu erreichen. Dies habe man im Grunde auch geschafft, sagt der Klinikgeschäftsführer Ralf Michael Schmitz, das Ziel allenfalls "hauchdünn verfehlt", um zwei Millionen Euro. "Wir sind bei der schwarzen Null angelangt", sagt Schmitz - und setzt ergänzend hinzu: "Bei den Betriebskosten."

Das Klinikum musste die Mittel selbst aufbringen

Diese Einschränkung ist von Belang. Auf dem Papier lag das Defizit des Klinikums im vergangenen Jahr bei 6,5 Millionen Euro. Diesen Wert will der Klinikgeschäftsführer aber nicht als Minusposten aufgrund unzureichenden Handelns im Klinikum verstanden wissen. Im Kern seien die 6,5 Millionen Euro eine Folge fehlender Zuschüsse für Investitionen etwa in Geräte durch die öffentliche Hand.

Zuständig dafür ist das Land, das seiner Verpflichtung aber nicht ausreichend nachgekommen ist. Und die Stadt hat in den vergangenen Jahre nicht mehr den Ausfallbürgen gegeben. Deshalb musste das Klinikum die Mittel selbst aufbringen. Mit dem kuriosen Ergebnis, dass - anders als beim Einsatz von Landesgeld - in der Klinikkalkulation jedes Jahr beträchtliche Abschreibungen als Negativposten auftauchen und das Ergebnis belasten. Auch im laufenden Jahr werde dies so sein, mit einem Defizit von 8,2 Millionen Euro sogar noch etwas höher als 2010. Trotzdem schaffe das Klinikum betrieblich auch in diesem Jahr eine schwarze Null, sagt Schmitz.

"Anrecht" auf Investitionsförderung

Der neue Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) spricht deshalb von einer "modifizierten schwarzen Null", die man erreiche. Aufgrund der großen Belastungen, denen das Klinikum nach wie vor ausgesetzt sei, plädiert Wölfle dafür, diesem einen städtischen Investitionszuschuss von jährlich 15 Millionen Euro zu bezahlen. Diese kämen zu den fünf Millionen Euro hinzu, die das Olgäle noch erhalten solle, bis es im Neubau hinter dem Katharinenhospital untergebracht ist. Im April 2013 soll der Umzug der Abteilungen beginnen. Dies wären in den kommenden beiden Haushaltsjahren insgesamt 40 Millionen Euro. Nach der im Land geltenden dualen Krankenhausfinanzierung habe das Klinikum "ein Anrecht" auf die Investitionsförderung. Ob diese Mittel vom Land kommen oder vom Träger Stadt, sei aus Sicht des Klinikums "egal", so Wölfle.

Dass das Klinikum nach Jahren wieder um finanzielle Unterstützung durch die Eigentümerin Stadt wirbt, hat seinen Grund auch darin, dass in den kommenden beiden Jahren erhebliche Investitionen anstehen: Wegen des Umzugs der Psychiatrie ins neue Zentrum für Seelische Gesundheit nach Bad Cannstatt müssen neue Betten beschafft werden. Wenn das Olgäle mit der Frauenklinik im Frühjahr 2013 mit dem Umzug in den Neubau hinter dem Katharinenhospital beginnt, werden dort neue Medizingeräte im Wert von 6,5 Millionen Euro benötigt. Und man werde in den kommenden beiden Jahren ohnehin eine Finanzlücke von etwa 25 Millionen Euro schließen müssen, sagt Geschäftführer Schmitz, unter anderem wegen anstehender Tarifsteigerungen. Überdies habe sich das Eigenkapital zuletzt aufgrund der Investitionsaufwendungen auf 40 Millionen Euro halbiert.

Schützenhilfe von Verdi

Zwei Fraktionen im Gemeinderat, die Grünen und die SPD, haben die Rufe des Klinikums schon erwidert und in Anträgen zum Haushalt aufgegriffen. In den nächsten Tagen soll ein Termin mit Oberbürgermeister Wolfgang Schuster stattfinden.

Schützenhilfe erhält das Klinikum auch vom Personalrat und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Gegenwärtig laufen die Verhandlungen dieser beiden mit der Stadt und dem Klinikum über die Fortschreibung des Vertrages, auf dessen Grundlage in den vergangenen Jahren die Restrukturierung des Klinikums möglich wurde. "Da spielen diese Summen eine Rolle", sagt der Personalratsvorsitzende Jürgen Lux. Man sei nur dann bereit, sich weiter vertraglich zu binden, wenn die Lasten auch in der Zukunft "vernünftig verteilt werden", erklärt Lux. Für Abschreibungen und Investitionen werde das Personal jedenfalls nicht aufkommen, macht der Personalratsvorsitzende deutlich: "Das tragen wir nicht, das wäre unterirdisch."

Die Sanierung des Klinikums ist noch nicht abgeschlossen

Diagnose: Nach der Jahrtausenwende ist das städtische Klinikum ein Sanierungsfall gewesen. 2005, als das Minus noch 25 Millionen Euro betrug, berechnete ein externes Gutachten, dass das jährliche Defizit bis 2010 auf 117 Millionen Euro ansteigen würde. Die Kalkulation des Klinikums kam auf ein Defizit von 98 Millionen Euro.

Therapie: In den folgenden Jahren fand eine umfangreiche, noch immer nicht abgeschlossene Sanierung des Klinikums statt. Bei der Restrukturierung habe man nicht nur die avisierten 98 Millionen Euro „wegsaniert“, sagt Klinikgeschäftsführer Schmitz. Tatsächlich seien noch weitere 36 Millionen Euro dazugekommen, etwa 15Millionen Euro durch unerwartet hohe Tarifsteigerungen und drei Millionen Euro durch die Mehrwertsteuererhöhung. Durch umfassende Verbesserungen haben man in den Jahren 2005 bis 2010 eine Finanzierungslücke von 128 Millionen Euro geschlossen, sagt der Geschäftsführer. Darauf sei man schon deshalb stolz, weil dies ohne Sanierungstarif, ohne Outsourcing und ohne betriebsbedingte Kündigungen gelungen sei.

Standorterneuerung: Zentrales Element der Restrukturierung ist die Reduzierung der Klinikstandorte von vier auf zwei. Hinter dem Katharinenhospital entstehen die neue Frauenklinik und das Olgäle, das bislang im Westen ist. In Bad Cannstatt entsteht das Zentrum für Seelische Gesundheit, dort ist gegenwärtig noch die Frauenklinik untergebracht, das Bürgerhospital, in dem heute unter anderem die Psychiatrie beheimatet ist, wird aufgegeben.