Noch immer dauert es im Kreis Ludwigsburg zu lange, bis ein Notarzt da ist, wo er hin soll. Trotz Rettungshubschrauber klemmt es mancherorts.

Ludwigsburg - Die Kreisräte im Technischen Ausschuss werden am heutigen Montag eine Premiere erleben. Erstmals werden die gewählten Vertreter der rund 521 000 Kreisbewohner freiwillig darüber informiert, wo es bei der Notfallrettung hakt – und wo nicht. Im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung wird der Landrat eine Übersicht verteilen lassen, auf der die ortsbezogenen Rettungsfrist-Quoten aufgelistet sind. Die detaillierten Zahlen werden von den Krankenkassen und den Rettungsdiensten vom Roten Kreuz (DRK) und dem Arbeiter-Samariter Bund (ASB) bislang unter Verschluss gehalten.

 

„Ich will keinen Ärger bei den Aufgabenträgern und den Kostenträgern auslösen“, sagt der Ludwigsburger Landrat Rainer Haas. Grundsätzlich teile er in dieser Frage aber die Einschätzung des Ex-Landtagsabgeordneten Wolfgang Stehmer (SPD) aus Hemmingen. „Er hat Recht: man sollte auch sehen, wie es in den einzelnen Gemeinden aussieht.“ Seine Intervention beim zuständigen Innenministerium sei jedoch nicht von Erfolg gekrönt gewesen, sagt der Landrat. Lediglich einmal sind solche detaillierten Zahlen in der Vergangenheit veröffentlicht worden – aber nicht im Kreistag. Auf Anfrage Stehmers hatte das damals zuständige Sozialministerium – nach einer Intervention des Landtagspräsidenten – die ortsbezogenen Daten 2008 publiziert.

Die Zahlen, die den Kreisräten in der heutigen Sitzung vorgelegt werden, dürften ihnen nicht gefallen. Zwar wird die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist der Rettungswagen, maximal 15 Minuten, im Kreis in knapp 96 Prozent aller Einsätze eingehalten. Doch bei den Notärzten ist diese Quote mit knapp über 90 Prozent ungenügend. Das liegt laut der Kreisverwaltung hauptsächlich an der stark wachsenden Zahl der Einsätze. Rein rechnerisch hat deshalb die Pünktlichkeit der Notärzte sogar abgenommen – obwohl die beiden Rettungshubschrauber Christoph 41 (Leonberg) und  51 (Pattonville) nach Informationen unserer Zeitung verstärkt dort im Einsatz sind, wo es weh tut.

„Hemmingen bei Nacht schlecht abgesichert“

Vor allem in den Gemeinden Eberdingen und Hemmingen liegt die Hilfsquote dem Vernehmen nach noch mehr als zehn Punkte unterhalb der vorgeschriebenen Marke von 95 Prozent. Und das, obwohl der Hubschrauber den beiden kritischen Orten eine Verbesserung um 5,3 Prozent (Hemmingen) und 15,5 Prozent (Eberdingen) bringt. Zu Diskussionen werden im Kreistag wohl noch zwei weitere Punkte führen. Erstens: die Kosten für Flugeinsätze gelten als hoch. Zweitens: eigentlich sind die Flugeinsätze, streng nach den Buchstaben des Rettungsdienstgesetzes, Trickserei. Die Pünktlichkeitsquoten sollen demnach nach dem „bodengebundenen Rettungsdienst“ berechnet werden. Und ohne Christoph 51 sehen die Quoten im Strohgäu noch immer ziemlich schlecht aus.

Deshalb führt für den Hemminger Gemeinderat Wolfgang Stehmer kein Weg daran vorbei, die Rettungswache in Ditzingen künftig wieder rund um die Uhr zu besetzen. „Hemmingen ist bei Nacht schlecht abgesichert“, sagt er, „und in Eberdingen sieht es noch schlechter aus.“

Eine Flugminute kostet 45 bis 65 Euro

Die Kosten für die Rettungshubschrauber werden übrigens ähnlich unter Verschluss gehalten wie die ortsbezogenen Hilfsfristen. Der Kreis verweist auf das Klinikum Ludwigsburg, das die Einsätze koordiniert. Dort will man aus Rücksicht auf die Deutsche Rettungsflugwacht (DRF) keine Zahlen nennen. Die Pressestelle der DRF in Filderstadt verweist lediglich auf Pauschalen: Pro Flugminute fielen im Bundesdurchschnitt 45 bis 65 Euro an. Der Preis sei je nach Standort Verhandlungssache, heißt es. Die Luftrettung sei aber gleichwohl „nicht immer das teuerste Mittel“, sagt eine Sprecherin des DRF. Da der bodengebundene Rettungsdienst nach Einsatzpauschalen honoriert werde, könne ein kurzer Hubschraubereinsatz im Endeffekt sogar billiger sein. Ganz zu schweigen von der Frage, ob eine schnellere Rettung nicht ohnehin helfe, gesundheitliche Folgekosten zu vermeiden.