Die Stadt hat sich für die Reutlinger Straße einen Schutzstreifen ausgedacht, doch die Bezirksbeiräte haben das Projekt bei ihrer jüngsten Sitzung abgelehnt. Sie argumentieren unter anderem mit Sicherheit.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Degerloch - Die Reutlinger Straße ist ein gefährliches Pflaster für Radfahrer. Mit mindestens Tempo 50 düsen Autos an den Radlern vorbei, den nötigen Sicherheitsabstand halten die wenigsten ein. Soweit zumindest die Beobachtungen der Degerlocher Bezirksbeiräte. Bergauf dürfen die Radler zwar den Gehweg mitbenutzen, doch auch hier lauerten Gefahren. Zwischen Autos, die aus den Grundstücken auf die Straße fahren, und Radfahrern komme es immer wieder zu gefährlichen Situationen. Keine Frage also für die Lokalpolitik, dass sich etwas ändern muss.

 

Eine Möglichkeit stellten Jasmin Heller vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung und Roland Petri vom Tiefbauamt dem Bezirksbeirat am Dienstag vor: die Einrichtung eines einseitigen Radschutzstreifens bergaufwärts. „Bergauf sind Radfahrer langsamer und wackeliger, sie brauchen mehr Schutz“, sagte Heller.

Autos dürfen auf Radstreifen ausweichen

Der 1,50 Meter breite Streifen soll den Radfahrern mehr Sicherheit bieten und gleichzeitig den Autoverkehr verlangsamen. Denn die Straße wird durch die gestrichelte weiße Linie, die den Schutzstreifen von der Fahrbahn trennt, optisch eingeengt. „Eine Begegnung zweier Pkw ist weiterhin möglich“, erläuterte Heller. Die Fahrbahn bleibe mindestens 4,50 Meter breit. Begegnen sich Busse und Lastwagen, dürfen die Fahrzeuge über die Kennzeichnung auf die Fahrspur für Radfahrer ausweichen, wenn sie diese nicht gefährden.

Dass sich die Situation verbessern muss, darüber waren sich die Lokalpolitiker einig. Doch der vorgeschlagene Streifen stieß auf wenig Zustimmung. Ulrich-Michael Weiß, der Fraktionssprecher der SPD, wünschte sich eine zusätzliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 oder gar 30 Kilometer pro Stunde. „Die Fahrzeuge weichen bei Gegenverkehr eher auf den Schutzstreifen aus, als vom Gas zu gehen“, sagte Weiß. Der Vertreter der Freien Wähler, Ulrich Demeter, stimmte dem zu. „Im Zuge der Realisierung des Schutzstreifens müsste die Geschwindigkeit auf der Reutlinger Straße reduziert werden, sonst bringt der Streifen nichts.“

Dem widersprach Petri: „Die Autofahrer müssen ihre Geschwindigkeit verlangsamen, um sicher aneinander vorbeizukommen.“ Da die Reutlinger Straße im Vorbehaltsnetz der Stadt Stuttgart liegt, sei eine Temporeduzierung dort nicht vorgesehen, sagte Heller. Man werde die Anregung aber mitnehmen und prüfen. Die Einrichtung einer Radspur in Tempo-30-Zonen sei nicht vorgesehen, sagte Petri. Aus diesem Grund sei es auch nicht sinnvoll – wie von einigen Lokalpolitikern gewünscht – eine Alternativroute zur Reutlinger Straße zu kennzeichnen. Die Parallelstraßen sind 30er-Zonen, somit ist ein Radweg nicht nötig.

Gefahr für Kinder laut CDU

Besonders für Kinder täusche die Radspur Sicherheit vor, argumentierte Götz Bräuer. „Der Streifen suggeriert Schutz, der eigentlich nicht da ist“, so der CDU-Sprecher. „Bis zum Alter von elf Jahren dürfen die Kinder auf dem Gehweg fahren“, erläuterte Petri. Der Gehweg allerdings sei nach Aussage von Astrid Maurer (Grüne) durch diverse Schäden holprig und nicht sicher. „Zudem ragen viele der Fahrzeuge, die auf den Grundstücken vor den Garagen stehen, in den Gehweg hinein“, sagte Maurer. Der FDP-Sprecher Thilo Roßberg schlug vor, die Radspur durch einen roten Fahrbahnbelag deutlich erkennbar zu machen. Das werde nur an Gefahrenstellen, beispielsweise dort, wo Autos den Radstreifen queren, praktiziert, sagte Heller. An der Reutlinger Straße sei das nicht notwendig.

30 000 Euro sollte das Vorhaben kosten und könnte laut Petri Mitte des Jahres umsetzbar sein. Doch die Bezirksbeiräte stimmten bei vier Ja-Stimmen mit fünf Gegenstimmen knapp gegen den Radschutzstreifen. Der wird nun zumindest vorerst nicht umgesetzt. „Wir möchten uns nicht über den Bezirksbeirat hinwegsetzen“, so Jasmin Heller.