Bei Rastatt haben sich Bahngleise aufgrund von Tunnelbauarbeiten abgesenkt. Das anschließende Bahn-Chaos zeigt: Die Informationspolitik der Deutschen Bahn hat bei Störungen noch Luft nach oben, kommentiert Frank Schwaibold.

Rastatt - Sven Hantel redet erst gar nicht mehr um den heißen Brei herum. „Die Reise über die Rheintalbahn in den Süden ist im Moment problematisch. Wir müssen aktuell davon abraten“, sagt der Konzernbeauftragte der Deutschen Bahn (DB) AG für Baden-Württemberg vor laufender Kamera. Grund für die Alarmmeldung: Seit Samstag ist eine der wichtigsten deutschen Bahnlinien zwischen Rastatt und Baden-Baden „wegen einer schwer wiegenden technischen Störung“ gesperrt. Warum sich die Gleise abgesenkt haben, steht noch nicht fest. Klar ist aber: Bei Rastatt wird wegen des vierspurigen Gleisausbaus ein Tunnel gebohrt. Dort fressen sich 90 Meter lange Tunnelvortriebsmaschinen der Firma Herrenknecht durch den Rheinkies. Schlechte Nachrichten kann der umtriebige Unternehmer Herrenknecht aus Schwanau so gut gebrauchen wie eine Grippe. Denn seine Tunnelbohrer kommen auch beim Projekt Stuttgart 21 zum Einsatz. In und um die Landeshauptstadt sind solch schwere Schäden, wie sie jetzt bei Rastatt entstanden sind, glücklichweiser bisher ausgeblieben.

 

Der neue DB-Chef hat genügend Probleme

Und noch ein zweiter kann keine schlechte Nachrichten gebrauchen: Denn der neue DB-Chef Richard Lutz hat genügend Probleme auf seiner Liste stehen, die es bei der Bahn abzuarbeiten gilt. Das sind zum Teil Managementfehler, die auf seine Vorgänger Rüdiger Grube und Hartmut Mehdorn zurückgehen. Viel zu lange hat die Bahn beispielsweise die Konkurrenz durch die Fernbusse unterschätzt. Sie setzte zudem zögerlich auf Innovationen wie die Einführung von kostenlosen WLAN in ihren Zügen. Die Güterverkehrssparte DB Cargo leidet seit Jahren unter Rückgängen, und im Regionalverkehr gehen immer mehr Ausschreibungen an die private Konkurrenten wie Abellio und Go-Ahead verloren.

Dazu kommt: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist wahrscheinlich der Minister, der sich am wenigsten für die Belange der Bahn interessiert hat. Er hat seine Amtszeit vor allem als Auto-Minister verbacht. Ganz oben auf seiner Agenda: die Pkw-Maut, Teststrecken für autonomes Fahren, E-Mobilität. Dabei ist die marode Infrastruktur der Bahn wahrscheinlich das größte Sorgenkind der Verkehrspolitik. Brücken, Weichen, Schienen: die Mängelliste ist ellenlang. Immerhin hat die Bundesregierung dieses Problem inzwischen erkannt und wird von 2015 bis 2019 insgesamt 28 Milliarden Euro in Neubauten und die Sanierung der Infrastruktur investieren.

Pannen bleiben nicht aus

2015 und 2016 wurden schon 197 Eisenbahnbrücken neu gebaut oder modernisiert. Bis 2019 sollen weitere 875 Brücken folgen. Dazu kommen Großprojekte wie Stuttgart 21, die Neubaustrecken Karlsruhe-Basel und Hamburg-Hannover, die Schienenanbindung der Fehmarnbeltquerung, die zweite S-Bahn-Stammstrecke für München sowie die Ertüchtigung der Bahnknoten Frankfurt und Berlin .

Dass es angesichts solcher Herausforderungen auch zu Pannen kommen kann, bleibt wohl nicht aus. Deshalb sollte die Bahn vor allem zwei Dinge tun: Zum einen nicht so tun, als würden selbst die schwierigsten ingenieurtechnischen Projekte keinerlei Risiko bergen. Zum anderen muss ihr Krisenmanagement schnell und gut funktionieren, sollte doch einmal etwas passieren. Daran aber hapert es. Im Fall Rastatt dauerte es nach Angaben des Fahrgastverbands Pro Bahn bis zum Sonntag Abend, ehe genügend Informationen vorlagen. Dass bei einer Störung dieses Ausmaßes ein paar Stunden das Chaos herrscht, mag man noch nachsehen. Unmöglich ist allerdings, wenn tagtägliche Zugverspätungen und deren Auswirkungen den Bahnkunden nicht rechtzeitig mitgeteilt werden.