Der Verwaltungsgerichtshof spricht einem ehemaligen Soldaten der afghanischen Armee Flüchtlingseigenschaften zu. Und es stellt fest, dass er mit seiner Familie in Kabul keine Überlebenschance habe.

Mannheim - Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) hat im Fall eines afghanischen Staatsangehörigen ein womöglich über den konkreten Fall hinausweisendes Urteil gefällt. Der elfte Senat sprach dem jungen Mann nach ausführlicher Anhörung am vergangenen Freitag in der mündlichen Urteilsverkündung am Montag die Flüchtlingseigenschaften zu. Michael Funke-Kaiser, der Vorsitzende des Senats, betonte, der junge Mann habe bei der Verhandlung glaubhaft gemacht, dass er als Soldat in der afghanischen Armee gedient habe. Dabei habe er durch einen Angriff der Taliban auf seine Einheit schwere Verletzungen am ganzen Körper erlitten. Seine linke Hand ist dauerhaft geschädigt. Die afghanischen Ärzte im Krankenhaus in Kabul hatten dem Kläger sogar eine Amputation vorgeschlagen. Das lehnte er ab. Als er sich zur Erholung in sein Heimatdorf in der Provinz Laghman zurückzog, wurde er mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern noch einmal Ziel eines Angriffs regierungsfeindlicher Kräfte. Dabei wurde das Haus der Familie zerstört, die Familie überlebte. Der junge Mann brachte Frau und Kinder bei den Schwiegereltern in Sicherheit und flüchtete selbst aus Afghanistan. Seit Dezember 2015 lebt er in Deutschland.

 

Der VGH stellt auch fest, dass der junge Mann außerhalb seiner Heimatprovinz keinen Schutz vor An- und Übergriffen finden könne. Es könne weder von ihm noch von seiner Familie erwartet werden, sich in Kabul niederzulassen. Dem steht nach Überzeugung des Senats die Sicherheits-, Arbeitsmarkt- und humanitäre Lage in der afghanischen Hauptstadt entgegen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat danach einen Monat Zeit, die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten.