Ridley Scott wird am 30. November 80 Jahre alt. Die Kulturredaktion hat getagt und verrät die sechs beeindruckendsten Kinomomente, die ihnen der Regisseur bisher beschert hat.

Stuttgart - Der schwelgt ja nur in Bildern – mit diesem Urteil versuchten sich die Skeptiker unter den Filmfreunden, vor allem die notorischen Verächter des Popcorn-Kinos aus Hollywood, Ridley Scott viele Jahre vom Leib zu halten. Schließlich hat der Brite einst am Royal College in London Grafikdesign studiert und war als Werbefilmer gestartet.

 

Aber was als Kritik gemeint ist – „der will ja nur malen“ –, beschreibt in Wirklichkeit Scotts allergrößte Stärke: seine Bilderkraft. Seine Kinofilme wollen tatsächlich erst einmal und vorrangig Film sein, Augenreiz, Sehfutter, großes Panorama, Szene, Perspektive, Landschaft, Fläche, Tiefe, Farbe, Schatten. Und aus diesen Bildern schälen sich dann Figuren, Geschichten, Träume, Konflikte, Gefahren, Ängste. Filme von Ridley Scott sieht man nicht einfach an. Man ist früher oder später mittendrin und fühlt und empfindet mit. Nicht alle Filme von Scott sind große Kunst, aber nur wenige Regisseure können so viel Kunst (und manchmal sogar große Kunst) in ihrem Werk vereinen: von „Alien“ über „Blade Runner“, „Legend“, „Thelma & Louise“, „Black Hawk Down“, „Hannibal“, „Königreich der Himmel“ bis „Robin Hood“ und „Der Marsianer“. Längst hat die Queen den Meisterregisseur zum Sir geadelt – zu Recht, wie die kleinen Kino-Erinnerungen auf dieser Seite beweisen sollen. Wer einen Film von Ridley Scott sieht, der kann sich noch sehr lang daran erinnern!

Alien (1979)

Ich war ein kleiner, freundlicher, gutmütiger Zivi, als mich ein Freund (nicht ohne Hintergedanken) einst in Bremen ins Kino „zu so einem Weltraumfilm“ einlud. Ich sagte freudig zu, liebte ich doch sehr die „Enterprise“ im ZDF! Und dann ging „Alien“ los – und ich versank hoffnungslos in zwei Stunden nacktem, dunkelstem, unheimlichstem Weltall-Horror. Ein Alptraum! Und erstmals das Gefühl: Filme können Kunst sein. (schl)

Blade Runner (1982)

Jede Einstellung ein Gemälde: Rein analog erschuf Scott den Moloch der Zukunft. Im Dauerregen beseitigt der Kopfgeldjäger Deckard (Harrison Ford) Androiden, begleitet von Vangelis’ hypnotischen Synthesizerklängen. Nur wenige Filme erreichen eine solche Dichte, und dieser stellt eine existenzielle Frage: Haben künstliche Menschen, die hier Replikanten heißen, Rechte? Deckard kommt ins Grübeln – als er sich in eine Androidin verliebt. (ha)

Apple Mac (1984)

Im Jahr 1984 macht uns ein gewisser Steve Jobs weis, dass Apple das Gegenteil von George Orwells Großem Bruder ist. Und dass wir ihm damals glaubten und erst viele Jahre später erkannten, dass Apple selbst der Große Bruder ist, verdankte Mr. Jobs Ridley Scott, der in einem 900 000 Dollar teuren 60-Sekunden-Clip in martialischen Bildern den ersten Apple Macintosh als Weltbefreiungswerkzeug anpries. (gun)

Black Rain (1989)

In den hart verregneten, von schummrigem Neonlicht kaum erhellten Straßen Osakas kämpft der moralisch hyperflexible New Yorker Cop Nick Conklin (Michael Douglas) nicht nur gegen brutale Yakuza-Gangster und die steife japanische Bürokratie, sondern auch gegen eigene Vorurteile. Mit den Waffen der Männer und viel Stil legt Scott in „Black Rain“ (1989) die historische Feindschaft zwischen den USA und Japan bei. (kah)

Thelma & Louise (1991)

Zwei unfreiwillige Verbrecherinnen als Emanzipationsikonen der Filmgeschichte: Thelma und Louise knacken das Klischee naiver Weiblichkeit. Nachdem die Freundinnen einen potenziellen Vergewaltiger erschossen haben, machen sie sich in diesem feministischen Roadmovie auf die Flucht vor Patriarchat und Gesetz. Sie nehmen Toy Boys aus, führen Polizisten an der Nase herum und setzen sich gegen Chauvinismus durch. Trotz – oder vielmehr mit – Lippenstift und Dauerwelle. (saf)

Gladiator (2000)

Wer sonst hätte sich nach Jahrzehnten Monumentalfilmpause getraut, Schauspieler in Sandalen zu stecken? Mit Ernst und Wucht schleudert Scott uns röhrende römische Geschichte um die Ohren. Im Epizentrum des Gewaltspektakels: Russell Crowe als Maximus Decimus Meridius. Hochkonzentriert auf Architektur, Kostüm und Gemetzel, explodiert der Film auf Netzhaut und Hirnrinde: Crowe trägt Zündstoff unter jedem Muskel. (wöl)