Der Wettbewerb um den Beamtenbund-Vorsitz wird plötzlich spannend: Der Vorsitzende der Komba-Gewerkschaft, Ulrich Silberbach, ist Favorit auf die Nachfolge von Klaus Dauderstädt. Doch erhält er einen Mitbewerber, weil einige Beamtenfunktionäre es so wollen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Gewählt wird erst Mitte November, doch zeigen sich schon die Konturen im Wettbewerb um den Vorsitz des Deutschen Beamtenbundes (DBB): Ulrich Silberbach, der Vorsitzende der Komba-Gewerkschaft, hat nach Informationen dieser Zeitung offiziell seine Kandidatur für den Chefposten des Dachverbandes angemeldet. Er will Klaus Dauderstädt nachfolgen, der auf dem Gewerkschaftstag in Berlin mit dann 69 Jahren nicht mehr antreten wird und damit einen großen Umbruch in der DBB-Bundesleitung anführt.

 

Der 55-jährige Silberbach gilt als der klare Favorit, nachdem sich die fünf Schwergewichte der Fachgewerkschaften – intern „Big Five“ genannt – für ihn ausgesprochen haben. Die Komba vertritt Beschäftigte der Kommunen, Silberbach ist demzufolge ein Tarifbeschäftigter wie schon Dauderstädt. Dass der Beamtenbund weitere Jahre nicht von einem Beamten regiert werden soll, stört viele traditionsbewusste Funktionäre allerdings gewaltig. So haben sie zuletzt hinter den Kulissen emsig nach einer Alternative zu Silberbach gefahndet. Herausgekommen ist eine Überraschung: In diesen Tagen versendet Ernst G. Walter, der Vize der Polizeigewerkschaft (DPolG), Briefe an die Meinungsführer im Beamtenbund und bittet um ihre Unterstützung bei einer Gegenkandidatur zu Silberbach.

Wendt will gar nicht mehr im Dachverband kandidieren

Ein ernst zu nehmendes Gegenmodell sieht allerdings anders aus, denn der Berliner Walter ist im DBB ein weithin „unbeschriebenes Blatt“, wie ein führender Funktionär sagt. Unwahrscheinlich, dass er bis zum Herbst noch ausreichend Mitstreiter gewinnt. Letztendlich dürfte es vielen Delegierten gleichgültig sein, ob ein Beamter oder Tarifbeschäftigter die wichtige Lobbyarbeit für 1,3 Millionen Mitglieder (919 400 Beamte und 386 600 Angestellte) verantwortet, solange er kompetent genug ist. Walter hat dies bisher kaum demonstrieren können, da er schon in den Reihen der eigenen Organisation einen Mann vor sich hatte, der alle anderen vergessen lässt: deren Chef Rainer Wendt.

Dem medial omnipräsenten und politisch umstrittenen DPolG-Chef waren oft ganz große Ambitionen nachgesagt worden. In Absprache mit Silberbach peilte Wendt jedoch lediglich die Position eines DBB-Stellvertreters an. Dann kam Anfang März die Gehaltsaffäre auf, wonach er vom Land NRW ohne Gegenleistung ein Gehalt bezogen hat. Seither hat er offenbar seine Ambitionen revidiert. In der jüngsten DBB-Bundesvorstandssitzung versuchte er viele Vorwürfe zu entkräften, von einer Kandidatur war aber nicht mehr die Rede – zumal offen ist, ob der DPolG-Chef Nebenverdienste etwa für seinen Aufsichtsratsposten im Axa-Versicherungskonzern angegeben hat oder ob da noch weitere Risiken für ihn lauern.

Der oberste Beamtenpolitiker Benra gibt frustriert auf

Seither ist auch klar, dass der oberste Steuergewerkschafter, der frühere Stuttgarter Finanzamtsleiter Thomas Eigenthaler, nicht nach dem Vorsitz greift, sondern weiter Stellvertreter bleiben will. Ein anderer Vize, Hans-Ulrich Benra, wartete mit einem zusätzlichen Knaller auf: Er will gar nicht mehr antreten, weil er in den eigenen Reihen bei den Bundesbeamtenverbänden keinen großen Rückhalt mehr sieht. So wird sich Benra wohl ganz neu orientieren, nachdem er sogar als Aspirant auf die Dauderstädt-Nachfolge gehandelt worden war.

Für Benra als Fachvorstand Beamtenpolitik aufrücken wollen sowohl Waldemar Dombrowski als auch Friedhelm Schäfer, Niedersachsens Landesbundchef – eine Kollision. Volker Geyer will Willi Russ als Fachvorstand Tarifpolitik beerben. Als Stellvertreter in der neunköpfigen Bundesleitung bewerben sich ferner die SPD-Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann (DPolG), die ebenso für Höheres im Gespräch war, Astrid Hollmann und der Chef der Lokführergewerkschaft, Claus Weselsky. Hinzu machen sich aus dem Lager der Lehrerverbände zwei Anwärter die Wahl streitig: Udo Beckmann und Jürgen Böhm.