Für Robert Böhm ist es ein großer Schritt: Nach 36 Jahren als Leiter der Kita an der Großen Falterstraße in Degerloch wechselt er noch mal den Arbeitsplatz. Er wird sich an der Filderschule um die Ganztagsbetreuung kümmern.

Degerloch - Es ist ein Wagnis, in den letzten drei Jahren meines Berufslebens von hier zur Filderschule zu wechseln“, sagt Robert Böhm. Der 63-Jährige ist derzeit Leiter der Kindertageseinrichtung an der Großen Falterstraße 20. Mit einem staatlichen Anerkennungsjahr hat alles angefangen. Mittlerweile sieht man seinem Büro die hier verbrachten 36 Jahre an: Fotos von lachenden Kindern, kleine Pinguine, Enten, Füchse und ein großes Foto mit bunt geschminkten und verkleideten Menschen. Darauf steht der Satz: „Alles erdenklich Gute zum 60. – Dein Team“.

 

Seine Tür stehe immer offen für die Kinder

Der Raum wirkt trotz der ordentlich gestapelten Akten und Bücher belebt, fast wie ein zweites Zuhause. ,,Meine Tür steht für die Kinder immer offen, sie kommen oft zu mir“, erzählt Böhm und lächelt. 60 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren besuchen momentan den Hort. In zwei Jahren wird sich das ändern: „Danach gibt es hier Betreuungsangebote für Null- bis Sechsjährige, die älteren Kinder werden im Rahmen der Ganztagsprogramme in den Schulen betreut.“

Unter anderem in der Filderschule. Und genau dort wird Böhm dann auch sein. Er wird das Ganztagsprogramm organisieren. Dazu könnte zum Beispiel gehören, dass die Kinder spielen, kochen, einkaufen. „Die Eltern sollen wissen, dass ihr Kind gut aufgehoben ist, und die Kinder selber sollen Spaß haben.“ Mit ausschlaggebend für diese Arbeit ist die Kommunikation. „Man kann so schnell etwas bewirken, wenn man den richtigen Zugang findet. Schafft man das, ändert sich auch die Beziehung zu dem Kind“, sagt Böhm mit seiner ruhigen und kräftigen Stimme.

Der neue Beruf ist Leidenschaft geworden

Robert Böhm geht gern zur Arbeit. Sein Beruf ist für ihn zur Leidenschaft geworden. „Ich habe selbst kleine Herausforderungen so genommen, dass sie faszinierend geworden sind.“ Vor 40 Jahren hätte noch niemand geahnt, dass sein Leben so einen Verlauf nehmen würde. Robert Böhm hat damals als Lithograf in einer Kunstanstalt gearbeitet. „Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich dort nicht finden werden, was ich suche.“ Was er genau finden wollte, wusste er aber auch nicht. Die folgenden 18 Monate Zivildienst in einem Altenpflegeheim waren für ihn das Schlüsselerlebnis. „Ich stellte fest, dass ich ein glückliches Händchen für Menschen habe“, sagt er.

So begann sein Weg als Erzieher. Und das während der politischen Aufbruchstimmung nach 1968. Damals sollte Kindererziehung nicht mehr nur Frauensache bleiben. „Als ich hierher kam, meinte eine Dame, ich hätte schon diesen mütterlichen Blick“, sagt Böhm lachend und schüttelt den Kopf. „Im Spiegel habe ich davon nichts gesehen.“

Sein Kunstinteresse hat er trotzdem nicht aufgegeben

Sein Interesse für Kunst hat er trotz des Berufswechsels nicht aufgegeben. „Ich wollte das Zeichnen auf jeden Fall als Werkzeug in meine Arbeit einbringen“, sagt Böhm und holt eine der langen bemalten Papierrollen neben seinem Schreibtisch hervor. Jedes Jahr zu Weihnachten malt er eines dieser Bilder. „Die Kinder dürfen sich wünschen, was ich zeichnen soll“, erklärt Böhm, während er das Bild entrollt. Es zeigt schneebedeckte Berge, einen roten Nikolaus auf seinem Rentier-Schlitten, kleine Häuser, in deren Fenster einladend eine Kerze brennt. „Das Dorf darf nie fehlen, genauso wenig wie die Ratten, die Geschenke klauen, und ein Engel muss auch immer dabei sein.“ Böhm freut sich, wenn er sieht, wie die Kinder sich oft selber mit Pinsel und Farbe an ein großes Bild herantrauen. Er kann sich durchaus vorstellen, diese Weihnachtstradition im Ruhestand fortzuführen.

Wenn Robert Böhm Bilanz aus der Zeit am Hort zieht, ist er rundum zufrieden. „Wir haben es geschafft, uns bekannt zu machen und einen guten Ruf erlangt“, sagt er – und in seiner Stimme schwingt Stolz mit. „So kann ich guten Gewissens den Stab an meine Nachfolgerin übergeben.“