Abseits der Weltverschwörungs-Bombast-Kracher à la Dan Brown pflegt Robert Harris seit vielen Jahren das Genre des leisen, aber intelligenten Thrillers. „Konklave“ ist wieder so ein Schmuckstück, das aber einige Zeit braucht, um seinen Glanz zu entfalten.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Rom - Die Verfasser reißerischer Krach-Bumm-Peng-Thriller à la Dan Brown, man sollte sie mit ihren Büchern mit einem Kästchen voll Antimaterie in einem Helikopter gen Himmel schicken! So geschehen in Illuminati, einem jener Weltverschwörungsthriller, mit denen Dan Brown seit Jahren die Nerven seiner Leser und mit ein paar Jahren Verzug auch seiner Zuschauer strapaziert.

 

Nein, sollte man natürlich nicht, jedes Subgenre, zumal erfolgreich, hat seine Existenzberechtigung. Aber wer den neuen Schmöker des britischen Autos Robert Harris liest, dem wird wieder einmal klar, wie taub und blind den Leser diese Bombastkracher machen. „Konklave“ heißt Harris’ neues Werk, es handelt von einer Kardinalsversammlung zur Wahl eines neuen Papstes. Man denkt sich „Vatikan“, erwartet sogleich Verschwörungen zumindest globalen, aber besser noch biblischen Ausmaßes, mit geheimnisvollen und blutrünstigen Killern sowie Klerikalen, die über Leichen gehen – und wird bitter enttäuscht!

Denn Robert Harris trommelt und brüllt nicht, er streicht und wispert. Sein neuer Thriller beginnt mit dem Tod des aktuellen Papstes. Ein Konklave muss einberufen werden, das Kardinal Lomeli leitet. Er steckt selbst in einer Glaubenskrise und hat doch alle Hände voll zu tun. Kurz bevor sich die Pforten der Sixtinischen Kapelle hinter den 117 wahlberechtigten Kardinälen schließen, trifft ein allen unbekannter Nachzügler ein. Es ist der Bischof von Bagdad, vom verstorbenen Papst heimlich zum Kardinal erhoben – und sogleich beginnen die Intrigen.

Überraschendes und amüsantes Finale

In dem Konklave ringen Traditionalisten, Modernisten, Schwarzafrikaner, Südamerikaner und Europäer miteinander. Die einen drängen ins Amt und wollen die kirchenpolitische Rolle rückwärts, die anderen sehen die Zeit für den ersten afrikanischen Papst gekommen. Und während draußen die Welt darauf wartet, dass weißer Rauch aufsteigt, entspinnen sich hinter den Mauern des Vatikans die Intrigen.

Robert Harris ist ein insgesamt lesenswerter Thriller über ein höchst populäres Thema gelungen, der allerdings eine ganze Weile braucht, um durchzustarten. Offensichtlich akribisch recherchiert, verliert sich die Geschichte anfänglich sehr in Details und hat bisweilen die Qualität einer Themenführung durch die vatikanischen Räume. So sehr spannend sind die Befindlichkeiten alter Herren in klerikaler Kostümierung ja zunächst auch nicht, und wer kein Verständnis für die zwangsläufig scheinheiligen und in sich widersprüchlichen Lebenswelten moderner katholischer Geistlicher hat, der wird so manchen Skandal, den Harris durch sein fiktives Konklave jagt, eher achselzuckend zur Kenntnis nehmen.

Aber während sich die Situation im der Kardinalsversammlung nach und nach zuspitzt und sich allmählich in den wiederkehrenden Abstimmungen eine Handvoll Favoriten für das Amt des Stellvertreter Gottes auf Erden findet, packt den Leser die Geschichte dann doch, bis hin zum überraschenden und im Grunde höchst amüsanten Finale.

Robert Harris: „Konklave“. Roman, aus dem Englischen von Wolfgang Müller. Heyne Verlag München 2016. Gebunden, 352 Seiten, 21,99 Euro. Auch als E-Book, 17,99 Euro, und als Hörbuch, 21,95 Euro. www.randomhouse.de/Buch/Konklave