In Esslingen ist ein Streit unter zwei Rockerbanden eskaliert. Die Angreifer lockten ihre Opfer in eine Falle. Ein Mann starb, mindestens sechs wurden verletzt. Die Polizei rätselt über die Hintergründe.

Esslingen - Bei einer Messerstecherei unter Mitgliedern zweier verfeindeter Banden mit rund 30 Beteiligten ist in der Nacht zum Samstag in Esslingen ein 22-Jähriger ums Leben gekommen. Sechs Menschen wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Demnach gingen die Männer mit Messern und Schlagwerkzeugen aufeinander los. Dabei wurden fünf Menschen im Alter von 17 bis 20 Jahren leicht und ein 21-Jähriger schwer verletzt. Sie kamen in Krankenhäuser. Für den 22-Jährigen kam jede Hilfe zu spät.

 

Ein Richter schickte drei 20, 25 und 26 Jahre alte Männer wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Ermittler nahmen zudem einen 26-Jährigen fest, der am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt werden sollte.

Nach ersten Ermittlungen der Polizei handelte es sich bei der überfallenen Gruppe größtenteils um Mitglieder der Black Jackets, unter den Angreifern waren die meisten Angehörige der Red Legions. Die beiden Gruppierungen liegen in der Stadt seit langem im Clinch.

Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte: „Mit diesem Überfall ist eine bisher in Baden-Württemberg unvorstellbare Brutalität erreicht worden.“ Er kündigte Konsequenzen an: „Kriminelle Banden hier im Land sollen wissen, dass wir auf diese Umtriebe die richtigen Antworten haben“, sagte er in Stuttgart und verwies auf die Hells Angels in Pforzheim. Dort ist die Gruppierung „Charter Borderland“ seit Januar 2012 rechtskräftig verboten.
 
In eine Falle gelockt

Sieben bis zehn Männer der Angreifergruppe waren auf eine etwa gleichgroße Gruppe in einer Bar in der Innenstadt getroffen. „Sie haben die Männer quasi in eine Falle gelockt“, sagte eine Sprecherin der Polizei. Denn vor der Tür warteten weitere Angreifer, die die Opfer „überfallartig angriffen“, wie es bei der Polizei hieß.

Die Täter flüchteten anschließend zu Fuß. Wenig später konnten Polizisten zwei von ihnen festnehmen. Sie waren ebenfalls leicht verletzt und kamen in Kliniken.

Die Polizei richtete eine Sonderkommission mit 35 Kräften ein. Am Tatort sicherten Beamte Spuren. Zunächst machte keiner der Beteiligten Angaben. Die Hintergründe oder Motive für die Tat seien unklar, sagte die Polizeisprecherin. Um die genaue Todesursache zu klären, sollte die Leiche des 22-Jährigen obduziert werden.

Zweiter Vorfall in Esslingen

Ende Juni 2009 waren auf einem Esslinger Schulhof 22 mit schwarzen Sturmhauben vermummte Mitglieder der Black Jackets über etwa 15 junge Leute hergefallen. Mit Baseballschlägern, Teleskopschlagstöcken, Holz- und Eisenstangen schlugen die Täter brutal auf ihre Opfer ein - ein 26-Jähriger wurde dabei fast zu Tode geprügelt, musste notoperiert werden und lag wochenlang im Koma. Insgesamt wurden drei Jugendliche teils lebensbedrohlich verletzt.

Das Motiv des brutalen Überfalls war Rache gewesen. Der Bruder eines 20-Jährigen soll zuvor von Mitgliedern der Esslinger Gang La Fraternidad (LF) geschlagen und provoziert worden sein. Der 20-Jährige soll sich an Kumpels von den Black Jackets in Stuttgart gewandt haben, um den LF-Leuten eine Abreibung zu verpassen.

Dafür wanderten 21 Angeklagte für bis zu sieben Jahre und neun Monate hinter Gitter. Mit dem Urteil von Oktober 2012 endete nach mehr als zweieinhalb Jahren und 196 Verhandlungstagen eines der längsten Verfahren am Stuttgarter Landgericht (Az.: 2 KLs 50 Js 54399/09).

Black Jackets brandgefährlich  

Viele Mitglieder der Black Jackets gelten als brandgefährlich, einige sind in kriminellen Milieus verstrickt. Die Anhänger tragen einheitliche schwarze Bomberjacken mit einem Pitbull und der Aufschrift «Forever friends» (Freunde für immer). Die Jugendgang wurden 1985 in Heidenheim von überwiegend jungen Türken gegründet. Heute zählt die Polizei einige hundert Mitglieder, die in manchen Städten in «Chapter» (Ortsgruppe, Abschnitt) eingeteilt sind.

   Mehr als 30 solcher Zusammenschlüsse soll es geben, etwa 20 davon in Baden-Württemberg. Heute mischen in der Gruppe auch andere Nationalitäten mit: Die Angeklagten stammen aus Serbien, Kroatien, Kasachstan, Afghanistan, Mazedonien, dem Kosovo, dem Irak und der Türkei. Einige von ihnen haben die deutsche Staatsbürgerschaft.