Für einen Rücktritt sieht Max Munding, der Chef des Rechnungshofs, keinen Anlass. Womöglich will er sogar über die 65 hinaus im Amt bleiben.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Trotz seiner zweifelhaften Rolle bei der Prüfung des EnBW-Deals will der Präsident des Landesrechnungshofes, Max Munding (CDU), nicht nur nicht zurücktreten, sondern seine Amtszeit womöglich noch verlängern. Er habe noch nicht entschieden, ob er „über die reguläre Altersgrenze hinaus arbeiten möchte“, ließ Munding der StZ ausrichten. Dies ist alleine seine Entscheidung. Ausweichend beantwortete er die Frage, wie er die fast einjährige Untätigkeit der Kontrollbehörde angesichts des nun vorliegenden, für Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) vernichtenden Gutachtens beurteile. Der Chefprüfer hatte kurz nach dem EnBW-Deal im Dezember 2010 die Forderung eines Kollegen, das Milliardengeschäft „dringend“ zu prüfen, bewusst ins Leere laufen lassen. Tätig wurde er erst, als die grün-rote Koalition ihn im November 2011 nach StZ-Recherchen dazu drängte.

 

Der langjährige Ministerialbeamte Munding, der als Chefstratege für den Mappus-Förderer Erwin Teufel arbeitete und zuletzt Amtschef im Agrarministerium war, erreicht im Jahr 2014 das reguläre Pensionsalter von 65 Jahren. Nach einer relativ neuen Regelung können Beamte den Ruhestand auf Wunsch um bis zu drei Jahre hinausschieben. Sollte der oberste Sparkommissar davon Gebrauch machen, könnte sein Posten erst in der nächsten Legislaturperiode neu besetzt werden. Auf diese Weise wolle Munding die zentrale Position für die CDU sichern, die dann wieder zu regieren hoffe, verlautet aus Kreisen des Rechnungshofs. Es sei bereits geprüft worden, ob er einen Anspruch auf die Verlängerung habe oder dazu die Zustimmung des Landes benötige. Nach dem Rechnungshofgesetz wird der Präsident vom Ministerpräsidenten „mit Zustimmung des Landtags“ ernannt.

Der Anspruch auf Verlängerung besteht

Solche Überlegungen seien „weder dem Rechnungshof noch Herrn Munding persönlich bekannt“, teilte der Behördensprecher dazu mit. Der Präsident habe sich bisher „keine Gedanken“ über eine längere Amtszeit gemacht. Darüber werde er „ausschließlich nach seiner persönlichen Lebensplanung zu gegebener Zeit“ entscheiden. Einen Rücktritt wegen seiner Rolle beim EnBW-Deal hatte Munding im November abgelehnt: „Es gibt keinen Grund für mich, meinen Posten aufzugeben.“ Zu den rechtlichen Voraussetzungen verwies der Sprecher auf das Rechnungshofgesetz. Danach sind die mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Chefkontrolleure auch beim Hinausschieben der Altersgrenze wie Richter zu behandeln. Nach Auskunft des Justizministeriums haben Richter, anders als Staatsanwälte, einen Anspruch auf Verlängerung – also auch der Rechnungshofpräsident.

Munding hatte parteipolitische Motive für seine Bremserrolle bestritten und diese zunächst so gerechtfertigt: Da die verfassungsrechtliche Problematik des EnBW-Deals bereits beim Staatsgerichtshof anhängig gewesen sei, „wäre dazu eine eigenständige Prüfung des Rechnungshofs nicht weiterführend gewesen“. Dieser Satz lasse sich nicht in Zusammenhang mit den nun im Gutachten geprüften, weitergehenden Themen bringen, ließ er erklären. Darin geht es vor allem um Verstöße gegen die Landeshaushaltsordnung (LHO), aber auch gegen die Verfassung. Entgegen den Vorschriften hat Ex-Ministerpräsident Mappus auch den Rechnungshof selbst bei dem Milliardengeschäft ausgeschaltet. Nach der Haushaltsordnung ist die Kontrollbehörde nämlich „unverzüglich zu unterrichten“, wenn das Land Beteiligungen an Unternehmen eingehe, ändere oder aufgebe. Tatsächlich wurden auch die Karlsruher vor vollendete Tatsachen gestellt – obwohl es um ein Milliardengeschäft mit dem Volumen von einem Sechstel des Landeshaushalts ging. „Entgegen Paragraf 102 LHO hat der damalige Ministerpräsident den Rechnungshof nicht unterrichtet“, heißt es in dem Gutachten.

Heftige Kritik am EnBW-Deal

Auf den Wunsch der grün-roten Koalition, den EnBW-Deal zu prüfen, reagierte der Rechnungshof erst nach der Abwahl der CDU. Noch zu Oppositionszeiten hatte der SPD-Chef Nils Schmid vergeblich gefordert, die Beauftragung der Investmentbank Morgan Stanley zu prüfen. Dabei wäre dies überaus ergiebig gewesen, wie das jetzt vorliegende Gutachten zeigt. Darin monieren die Prüfer nicht nur, dass der Auftrag an die Bank des Mappus-Freundes Dirk Notheis (CDU) ohne haushaltsrechtliche Grundlage erteilt worden sei.

Sie fanden auch „keine Anhaltspunkte“ für die Gründe, überhaupt eine Investmentbank hinzuzuziehen; das Land als Käufer und die EdF als Verkäufer kannten sich schließlich lange und hätten schon zuvor über die Transaktion gesprochen. Zudem beanstanden die Kontrolleure die Gestaltung des Vertrages, der Morgan Stanley fast 13 Millionen Euro einbrachte. Da ein prozentuales Honorar ausgehandelt worden sei, habe die Bank ein „starkes Interesse“ am Zustandekommen der Transaktion und letztlich an einem möglichst hohen Kaufpreis gehabt, was den Interessen des Landes zuwiderlaufe.

Öffentliche Kritik unterbliebt weitgehend

In den Regierungsfraktionen wird die Rolle des Rechnungshofs und seines Präsidenten sehr kritisch gesehen; zum Teil halten ihn Abgeordnete für untragbar. Mit öffentlicher Kritik halten sich Grüne und SPD wegen der Unabhängigkeit der Kontrollbehörde aber zurück.