Ob solche Details in der Darstellung oder technische Hürden wie die schwindelerregenden Hebungen: all das gehört zu einer gelungenen Rolleninterpretation. Das Entscheidende sei jedoch etwas anderes, macht Haydée deutlich: Bei der Generalprobe habe Cranko zu ihr gesagt, sie sei nicht wirklich präsent auf der Bühne. Erst ein Jahr später bekam sie dann von ihm zu hören: „Jetzt hast du es.“ „Das zeigt, dass man Zeit braucht, um dieses Charisma, das von innen heraus kommt, zu entwickeln“, erklärt sie. Die Gesprächsrunde wird immer lebhafter, alle amüsieren sich köstlich ob der Anekdoten und Missgeschicke damals wie heute – von abgebrochenen Degen beim Duell zwischen Romeo und Tybald ist die Rede, einem verschwundenen Messer sowie den in Romeos Kostüm sich verheddernden Haaren Julias in der Sterbeszene.

 

Aber dann wird es ernst. Es falle ihm schwer, darüber zu sprechen, was diese Zeit mit John Cranko wirklich für ihn bedeute, sagt Barra. Sehr emotional und persönlich seien die Erinnerungen. Marcia Haydée kämpft fast mit den Tränen, weil es ihr ebenso geht und sie auch an diejenigen denken muss, die nicht mehr am Leben sind: an John Cranko, aber auch an ihren langjährigen Lebens- und Tanzpartner Richard Cragun. „’Romeo und Julia’ bringt einen zum Lachen und zum Weinen, und es bezieht die Zuschauer ein, nimmt sie mit in das Geschehen auf Bühne.“ Mit diesen Worten beschreibt Marcia Haydée, warum Crankos Tanzadaption des Shakespeare-Dramas so beliebt ist beim Publikum. Das war vor fünfzig Jahren so. Daran hat sich bis heute nichts geändert.