Fußballstar Cristiano Ronaldo wird in Spanien vorgeworfen, 14,7 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Der Portugiese beteuert vor Gericht seine Unschuld. Ob’s hilft?

Madrid - Um 13.15 Uhr wird der Menschenauflauf vor dem Gerichtsgebäude des noblen Madrider Vororts Pozuelo de Alarcón zur wütenden Fankurve. Buhrufe und die Aufforderung, doch nach Hause zu gehen, sind zu hören von den über 200 Journalisten, die auf das Statement eines vierfachen Weltfußballers warteten. Von einer improvisierten Kanzel ist dann aber nur ein Kommunikationsberater erschienen. Cristiano Ronaldo sei bereits auf dem Heimweg, lässt Iñaki Torres wissen.

 

Derweil kolportieren spanische Medien bereits erste Aussagen aus der knapp anderthalbstündigen, nicht-öffentlichen Vernehmung im prominentesten Steuerverfahren der Nation: „Hieße ich nicht Cristiano Ronaldo, wäre ich nicht hier“, soll er Untersuchungsrichterin Mónica Gómez Ferrer vorgehalten haben. Woraufhin die Juristin kühl entgegnet habe: „Hier sitzen jetzt Sie, und hier saßen auch schon Leute mit Namen Antonio Pérez“ – also die spanischen Lieschen Müllers.

Ronaldo, 32-jähriger Portugiese, habe auf einen Übersetzer verzichtet, sich aber mit fortdauernder Unterredung „sichtlich unwohl“ und „angespannt“ gefühlt, ist weiter zu vernehmen. Daher wohl die Abkehr vom ursprünglichen Plan, zu den Medien zu sprechen. Auch das für eine Viertelstunde später angekündigte Kommuniqué folgt schließlich erst nach zwei Stunden. „Ich habe nie etwas verheimlicht oder die Absicht gehabt, Steuern zu hinterziehen“, heißt es darin. Aus Respekt vor der Arbeit der Justiz werde er sich künftig nicht weiter zu dem Thema äußern.

Indizien für vorsätzlichen Betrug

Hat ihm die Richterin den Ernst der Lage verdeutlicht? 14,7 Millionen Euro Einnahmen aus seinen Bildrechten soll er laut Anzeige zwischen 2011 und 2014 über drei Briefkastenfirmen auf den britischen Jungferninseln „willentlich“ und „wissentlich“ hinterzogen haben. Die bisher bekannten Entlastungsargumente seiner Anwälte werden von Steuerfachleuten mehrheitlich als schwach eingestuft. Wenn die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Anzeige erstatte, lägen nicht nur „Auslegungsdifferenzen“ bei den Vorschriften vor wie vom Ronaldo-Lager behauptet. Sondern Indizien für vorsätzlichen Betrug. Gómez Ferrer wird nun zunächst weitere Zeugen und Verdächtige verhören und dann über die Einleitung eines Prozessverfahrens entscheiden. Ihr Entschluss dazu gilt als ebenso wahrscheinlich wie eine folgende Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft.

Mochte Steuermoral in Spanien früher als Kavaliersangelegenheit betrachtet worden sein, hat sich die Situation seit der schweren Wirtschaftskrise 2008 grundlegend geändert. Das Finanzamt hat Schlupflöcher geschlossen und stellt jetzt rigorose Anforderungen an Unternehmen wie Einzelpersonen. Vor Señora Gómez Ferrer mussten sich zuletzt schon Spieler wie Radamel Falcao oder Ronaldos Berater Jorge Mendes verteidigen. Derweil in Barcelona der fünfmalige Weltfußballer Lionel Messi wegen Hinterziehung von 4,1 Millionen Euro zu einer Haftstrafe von 21 Monaten verurteilt wurde.

Durch eine jüngste Bestätigung seitens des Obersten Gerichtshofs Spaniens ist das Messi-Urteil zu verbindlicher Rechtsauslegung geworden. Für Ronaldo bedeutet das akute Gefahr. Die bei ihm im Raum stehenden Summen sind zu hoch, um bei einer Verurteilung das Strafmaß unter den 24 Monaten anzusetzen, die in Spanien die Bewährungsgrenze markieren. Anders als Messi müsste er tatsächlich in den Knast.

Ronaldo droht der Knast

Um dieses Szenario halbwegs sicher zu vermeiden, bliebe Ronaldo nur die Option einer umfassenden Kooperation mit den Behörden. Dafür ist allerdings zunächst ein Schuldeingeständnis erforderlich, die volle Begleichung der reklamierten Summe zuzüglich einer Strafzahlung in vergleichbarer Höhe. Das Geld ist dabei wohl das geringere Problem, der Stolz das größere. Er habe sich nichts zu Schulden kommen lassen und immer nur auf seine Berater gehört, soll Ronaldo gegenüber Gómez Ferrer wieder und wieder betont haben. Ein ähnlicher Hinweis nutzte aber schon Messi nichts.

Das Messi-Verfahren dauerte vier Jahre. Selbst im Worst Case einer Gefängnisstrafe wäre Ronaldo bei ähnlichem Verlauf also 36 Jahre alt und wohl am Karriereende. Daneben konnten sich Real-Madrid-Fans auch noch mit einem Detail trösten. Bei Betreten des Gerichts wurde Ronaldo vom Sicherheitschef des Vereins begleitet. Falls es noch eines Beweises bedurfte, dass der angedrohte Vereinswechsel mittlerweile vom Tisch ist.