Am Donnerstag um 22.25 Uhr startet RTL seine neue Datingshow „Adam sucht Eva“. Auf einer einsamen Insel lassen paarungsbereite Singles die Hüllen fallen – und der Sender macht sich ans Verpixeln.

Stuttgart - Ein Mann. Eine Frau. Eine gottverlassene Insel in der Südsee. Das könnte der Beginn einer wunderbaren Schmonzette sein. Robinson, zu zweit zu Haus.

 

Doch wir sind nicht bei Rosamunde Pilcher, sondern bei RTL in der Abteilung „Datingshows“, einem Genre, das sich ein bisschen abgenutzt hat, seit RTL auch Rinderbauern in Gummistiefeln verkuppelt. In der Südsee aber, da darf, nein, da muss es casual sein. Die Kandidaten begegnen sich nackt. Keine Dessous, keine Stringtangas, kein Schießer-Feinripp: „Adam sucht Eva – gestrandet im Paradies“ heißt die neue Show. Ein Mann und eine Frau verbringen die ersten Tage nackt auf einer Insel, bevor sie sich in voller Montur wieder treffen und entscheiden, ob sie zueinander passen.

Ist das noch Partneranbahnung oder schon Striptease? Der Titel weckt furchterregende Assoziationen. Man denkt an die Bunnys aus der RTL-Show „Tutti Frutti“, die jedes Mal eine Hülle fallen ließen, wenn ein Kandidat eine Frage richtig beantwortet hatte. So fing das an mit dem Privatfernsehen, Ende der achtziger Jahre, doch seitdem ist nacktes Fleisch im Fernsehen doch ein wenig aus der Mode geraten. Wer den pornografischen Kick sucht, findet ihn heute schneller im Internet. Mit „Adam & Eva“ geht RTL jetzt also zurück in die Steinzeit des Privatfernsehens.

Die verpixelte Scham

Der Sender verkauft das Format als „spannendstes Sozialexperiment des Jahres“. Es heißt, die Kandidaten sollten testen, wie es ist, wenn man den Anderen von sich selber überzeugen muss, ohne sich hinter einer dicken Schminkschicht oder teuren Markenklamotten verstecken zu können. Obendrein werde man mit der Nacktheit mittels zurückhaltender Kameraperspektive sensibel umgehen. Nun, was das bedeutet, erfuhr man im Juli, als RTL Ausschnitte aus der Sendung bei einer Pressekonferenz zeigte. Man rieb sich verwundert die Augen, denn das erste, was auffiel, waren die hellen Flecken auf den Körpern der Kandidaten. Sie agierten so hölzern wie Burka-Trägerinnen, die sich aus Versehen auf einen FKK-Strand verirrt haben. Sie waren zwar nackt, doch ihre erogenen Zonen hatte der Sender verpixelt. Nur einmal blitzte ein blanker Po auf.

Eine Show, die mit nackter Haut wirbt und die Körper dann mit digitaler Bildbearbeitung wieder verhüllt – das ist so, als würde man in einer Sitcom jede Pointe mit einem schrillen Buzzer-Ton wegpiepsen: Bigotterie in ihrer absurdesten Form.

Die letzte Bastion der Privatsphäre

Dabei, das hat der amerikanische Musiksender VH 1 erfahren, kann das Fernsehen bei diesem Thema tatsächlich nicht vorsichtig genug sein. Im puritanischen Amerika ist das ursprünglich in Holland entwickelte Format unter dem Titel „Dating Naked“ ein Quotenrenner. Im September werde man die erste Hochzeit übertragen – nackt, klar, wenn auch mit den üblichen Einschränkungen. Der Sender wird dann die Scham des Brautpaares noch gründlicher als bisher verpixeln. Denn eine zweite Klage darf er nicht riskieren. 7,5 Millionen Euro Schmerzensgeld fordert Jessie Nizewitz, 28, eine ehemalige Kandidatin. Ihre Begründung klingt sogar für amerikanische Verhältnisse absurd: In einer Szene könne man ihre Scham erkennen, behauptet das New Yorker Model. Sie habe sich damit zum Gespött auf Twitter gemacht, ihre Großmutter rede nicht mehr mit ihr.

Hierzulande kann das nicht passieren. Das Format verstoße nicht gegen Gesetze, nur gegen den guten Geschmack, heißt es bei den Landesmedienanstalten. Dem Jugendschutz trage der Sender schon damit Rechnung, weil er das Format nach 22 Uhr zeige. Vier Folgen sind vorerst geplant, ob das Format fortgesetzt wird, ist fraglich. Wie man hört, hat es RTL schwer gehabt, Kandidaten zu finden. Kaum zu glauben, aber wahr: In einem Land, in dem die FKK-Kultur mit Nackt-Yoga oder Nackt-Flügen immer bizarrere Blüten treibt, traute sich kaum ein Single nackt vor die Kamera. Ein gutes Zeichen, möchte man sagen. Das Reality-TV hat die Hemmschwelle immer weiter gesenkt, sich nackt zu machen. Schulden, Arbeitslosigkeit, familiäre Gewalt, alles wird ausgeleuchtet. Der nackte Körper ist die letzte Bastion im Kampf um die Privatsphäre. Und das sollte er auch bleiben.

Termin Die Show „Adam sucht Eva - gestrandet im Paradies“ startet am Donnerstag um 22.25 auf RTL.