Die Internetmillionäre pflegen seltsame Hobbys, um ihr Geld auszugeben: die einen kaufen Zeitungen, andere starten Raumfahrtmissionen. Dabei wäre das Geld in einer fairen Bezahlung ihrer Mitarbeiter eigentlich auch ganz gut aufgehoben.

Stuttgart - Die neuen digitalen Tycoons leben ihren Reichtum angemessen. Sie lassen sich in Städtchen wie Atherton nieder, einer Ansiedlung mit 7200 Einwohnern südlich von San Francisco, deren Postleitzahl 94027 von der Zeitschrift Forbes als die teuerste in ganz Amerika aufgelistet wurde. Ein Tisch bei Wohltätigkeitveranstaltungen kann dort schnell mal 10 000 Dollar kosten. Hier leben unter anderem Google-Mitgründer Sergej Brin, 20-reichster Mensch der Welt, der Google-Vorstandsvorsitzende Eric Schmidt, mit 1,5 Milliarden Dollar Vermögen auch nicht gerade ein armer Mann, der ehemalige Hewlett-Packard-CEO Leo Apotheker, Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg und die ehemalige Yahoo-Geschäftsführerin Carol Bartz.

 

Und die Männer unter den Maschinenmilliardären haben neue Spielzeuge: Zeitungen und Raketen. Ein Mann wie der ehemalige Oracle-Chef Larry Ellison, der mit der neuntgrößten Yacht der Welt aufwarten kann und zum Vergnügen auch schon mal in Kampfjets herumdüst, wirkt unter ihnen geradezu anachronistisch. Google-Manager mieten ihr Flugfeld direkt von der Nasa, nicht zuletzt, um auch ihre Weltraumanbitionen klarzustellen. Anfang 2012 wurde Facebook-Mitgründer Chris Hughes Mehrheitseigner des traditionsreichen Politik-Magazins „The New Republic“ und übernahm den Posten des Chefredakteurs und Herausgebers. (Ende 2014 kam es allerdings zum Zerwürfnis mit der Redaktion über eine Neuausrichtung der Zeitschrift, dem ein Massen-Exodus hochrangiger Journalisten folgte.) Im Februar 2014 startete Pierre Omidayar, der mit Ebay Milliardär geworden ist, das Nachrichtenmagazin „The Intercept“ mit einer Anschubfinanzierung von 250 Millionen Dollar.

Amazon-Boss Jeff Bezos kauft Zeitungen

Im August 2014 dann der Knaller: Amazon-Boss Jeff Bezos kaufte sich für 250 Millionen Dollar die „Washington Post“, seit dem Watergate-Skandal so etwas wie das Herzblatt des investigativen US-Journalismus. Schon im Jahr davor hatte Bezos sein Interesse an der Medienwelt offenbart und fünf Millionen Dollar in die Nachrichtenwebsite „Business Insider“ des ehemaligen Börsengurus Henry Blodget investiert.

Neben seinem knallharten Geschäftssinn beweist Bezos, was ein Journalist „ein Herz für selbstlose Leidenschaften“ nannte: Seit jeher von der Raumfahrt begeistert, versucht er seinen Kindertraum einem reichen Mann entsprechend Wirklichkeit werden zu lassen. Im Frühjahr 2013 fischte eine von ihm finanzierte Tauchexpedition mit Unterwasserrobotern zwei Saturn-V-Raketentriebwerke aus dem Meer vor Cape Canaveral. Sie gehörten zur abgeworfenen ersten Stufe von Apollo-11, der Mission zur ersten Mondlandung. Bezos steckt auch hinter dem privaten Raumfahrtunternehmen Blue Origin, das an der Entwicklung eines Spaceshuttle-Nachfolgers beteiligt ist. Jüngst schaffte es eine Rakete der Firma immerhin bis in 93 Kilometer Höhe.

Rund eine halbe Milliarde Dollar aus seinem Privatvermögen investiert Jeff Bezos in seine Weltraumambitionen – ein Mann, der, um es in eine Relation zu setzen, den Mitarbeitern in seinen deutschen Versandzentren den Tariflohn des Versandhandels verweigert. Amazon sieht sich weder im Einzel- noch im Versandhandel, sondern als „Logistikunternehmen, das Kundenbestellungen ausführt“, und damit auch nicht an die Tarifverträge im Versandhandel gebunden ist. Die Knauserigkeit des Unternehmens ist eine Art Zwangsabgabe der Mitarbeiter wie die Kirchensteuer für einen elitären Weltraumtourismus, den Blue Origin später einmal anbieten will.