Japanische Forscher arbeiten an der Zukunft von Olympia: Sie wollen den sportlichen Wettkampf mit technischer Hilfe demokratisieren. Jeder darf mitmachen. Warum eigentlich nicht?, meint der StZ-Kolumnist Peter Glaser.

Stuttgart - Forscher an der Keio University in Tokio arbeiten daran, anlässlich der 2020 in Japan stattfindenden Olympischen Spiele erweiterte Disziplinen an den Start zu bringen, in denen Menschen und Maschinen gemeinsam antreten können. Dabei soll es die Unterstützung durch Robotertechnik und High-Tech sowohl Profi-Sportlern als auch Amateuren, Jung und Alt, wie auch Behinderten und Nichtbehinderten möglich machen, jeweils auf Augenhöhe miteinander wettstreiten zu können.

 

Der Gruppe unter der Leitung von Masahiko Inami – er ist Professor für „human enhancement“, also für die Verbesserung des Menschen – gehören unter anderem Prothetik-Ingenieure, Robotiker, ehemalige Spitzensportler und Game-Designer an. Angestrebt werden neue Synthesen zwischen den verschiedenen Fachgebieten. Das Gremium nennt sich „Superhuman Sports Committee“, wobei man „Superhuman“ in Deutschland, um Missverständnisse zu vermeiden, nicht mit „Übermensch“ übersetzen sollte und stattdessen den englischen Begriff übernehmen oder es mit Neubildungen wie etwa „MehrMensch“ versuchen sollte. Kinder würden zweifellos an „Supermenschen“ Gefallen finden.

Mit Hilfe modernster kybernetischer und anderer technischer Hilfsmittel sollen auch Kinder oder Menschen, die keine Erfahrung in bestimmten Sportarten haben, eine „mehrmenschliche Fähigkeit“ erwerben können, um sich im Wettbewerb mit eigentlich überlegenen Athleten oder Erwachsenen zu messen. Ein solcher Wettkampf wäre aber nicht interessant, weiß Inami, „wenn allein die Technik für das Ergebnis ausschlaggebend wäre“. Es sei deshalb wichtig, ausgewogene Regeln zu schaffen, damit die Teilnehmer tatsächlich mit ihrer jeweils eigenen Stärke miteinander konkurrieren und beispielsweise bei einem Fußballspiel einen hervorragenden Pass spielen.

Ein Treffer reduziert den Überlebensquotienten

Japaner haben lange Erfahrung mit solchen speziellen Arten von Ausgleich. So kennt zum Beispiel das Brettspiel Go ein mehrstufiges Vorgabesystem, das für Chancengleichheit sorgen soll, wenn Spieler unterschiedlicher Kampfstärke gegeneinander antreten. Ähnlich wie bei Judo oder Karate werden die Fertigkeiten in niedrige Kiu- und höhere Dan-Grade eingeteilt.

Professor Inami entwickelt derzeit eine spezielle Brille, mit der man gleichzeitig nach vorne und nach hinten schauen kann. Dazu trägt er zwei kleine, in die jeweilige Richtung zeigende Kameras auf dem Kopf und lässt sich deren Bilder entweder parallel oder überlagert zeigen. Wenn man den Umgang mit diesen Doppelbildern einmal gemeistert hat, könnten diese Brillen die Wahrnehmungsfähigkeit des Trägers erweitern. Ein anderes Committee-Mitglied, Professor Takuya Nojima, hat sich auf das Studium virtueller Realitäten verlegt und arbeitet an einem neuartigen Spiel, das Dodgeball – bei dem man ähnlich wie beim Völkerball einem Ball ausweichen muss – und ein Rollenspiel kombiniert, bei dem die Spieler nach und nach eliminiert werden. Jeder Teilnehmer startet mit einen Überlebensquotienten, der sich jedesmal reduziert, wenn er von dem Ball getroffen wird. Wenn er auf Null ist, muss er schließlich vom Feld.

Einige Fähigkeiten lassen sich variieren, wodurch wirklich jeder an dem Spiel teilnehmen können soll. Diejenigen, die körperlich nicht ganz so fit sind, können zum Beispiel auf ein höheres Aktivitätslevel versetzt werden und sich dort besser verteidigen, auch wenn ein Ball sie trifft.

Professor Inami zeigt sich zuversichtlich: „Ich hoffe, dass künftig Superhuman-Sportvereine an den Schulen eingerichtet werden.“