Macht es noch Sinn, seine Kommunikation zu verschlüsseln? Und könnte vielleicht Apple dem Spuk von NSA und anderen Abhörexperten ein Ende bereiten? Der StZ-Kolumnist Peter Glaser berichtet von einem vertraulichen Gespräch . . .

Stuttgart - „Verschlüsselst du?“, fragte mein Freund Alex, mit dem ich im Supermarkt war. Er schaute sich um, ob uns jemand zuhörte. Wir waren in dem Gang mit dem Katzenfutter. Es war einer dieser Supermärkte, die so weitläufig sind, dass man ständig das Gefühl hat, Menschen zu begegnen, die noch vom letzten Mal durch die Gänge irren. Vielleicht haben sich sogar ein paar von den Leuten, die hier nicht mehr rausfinden, im Inneren der endlosen Regalreihen Höhlen eingerichtet und leben hier. „Vielleicht sitzen da Profis drin, die uns beobachten“, wisperte mein Freund.

 

Ich fragte ihn, wie er jetzt auf Verschlüsselung käme. Das Katzenfutter habe ihn an „Acoustic Kitty“ erinnert, ein reales CIA-Projekt aus den Sechzigerjahren. Der Plan war gewesen, Katzen zu benutzen, um Leute abhören zu können, die sich draußen im Freien miteinander unterhielten. Es wurde dann auch einer Katze ein Mikrofon und eine Batterie eingepflanzt, und eine Antenne im Schwanz. Beim ersten Mal sollte sie zwei Männer im Garten der sowjetischen Botschaft in Washington belauschen, aber sie wurde sofort von einem Taxi überfahren.

Ich schob Trockenfutterschachteln beiseite und spähte in das Dunkel dahinter. „Ich verschlüssle nicht“, sagte ich. „Ich weiß, dass das leichtsinnig ist.“ Alex deutete einen Ohnmachtsanfall an und wies mich dann an, die Schachteln noch nicht wieder loszulassen, um seinerseits in die Spalte lugen zu können. „Misstraust du mir?“, fragte ich. Dann erklärte ich ihm, warum ich nicht verschlüssle, und zwar, weil sich die Metadaten, für die NSA & Co sich inzwischen interessieren, nicht mehr verschlüsseln lassen. „Du musst es ihnen so schwer wir möglich machen“, mahnte mein Freund. „Im Grunde geht es darum“, sagte ich, „ob du Vertrauenspraktiker oder Verschwörungstheoretiker sein willst.“ Alex schaute mich theoretisch an. „Ich habe gehört, dass NSA und Mossad jetzt auf Facebook den sogenannten Stupsnet-Wurm zum Einsatz bringen wollen.“

Katzen haben den richtigen Dreh raus

Vor uns an der Kasse sagte jemand zu seinem Nebenmann: „Ich bin Apple Fan“. „Der ist nicht echt“, flüsterte ich Alex zu. „Ein echter Apple-Fan hätte den Bindestrich benutzt.“ Die Kassierin fragte mich „Sammeln Sie Herzchen?“ und ich verstand „Sammeln Sie Herbstchen?“ und sagte: „Aber es ist doch schon Winterchen vorbei!“ Alex klärte mich auf; er hat, wo wir gerade beim Thema sind, die besseren Lauscher. „Ich kann mir vorstellen, dass ein wirklich großes Unternehmen wie Apple diesem ungehemmten Spionierbegehren Paroli bieten kann“, sagte er. „Du solltest trotzdem verschlüsseln.“

„Ich setze große Hoffnungen in die Kunst“, sagte ich. „Alles muß so unverständlich werden, dass nicht einmal die NSA mehr dahinterkommt.“ Wir gingen in meine Wohnung zu der Katze. „Du solltest deine Geräte als erstes mal tiersichern“ – Alex hatte schon mal heimlich das Pfotenprofil meiner Katze in den Fingerabdruckscanner gespeichert. Ich misstraute ihm und der Katze. „Neulich hat Apple einen Antrag auf ein Patent eingereicht, mit dessen Hilfe sich ein fallendes Smartphone so drehen kann, dass es nicht aufs Display fällt“, sagte er. „Und ich weiß auch, wie“, sagte ich – „indem augenblicklich das Wort „Brötchenunterseite“ auf dem Display erscheint. Brötchen fallen ja praktisch nie auf die Unterseite.“ Er sagte „Katzen können das noch viel besser, die haben den richtigen Dreh raus“. Dann waren wir alle drei eine Weile zu faul, misstrauisch zu sein und hörten gute Musik.