Donald Trump ist eine Gefahr, könnte aber auch etwas Gutes haben, sagt Rudolf Scharping beim Lichtmess-Empfang der Kreis-SPD Rems-Murr: Er könnte Europa näher zusammenbringen

Waiblingen - Don’t give up – gebt nicht auf“ – mit diesem Song haben der Waiblinger Rapper Maxim Nyamsi und die Sängerin Lisa Zander am Sonntagabend den Lichtmess-Empfang der SPD Rems-Murr im Kulturhaus Schwanen in Waiblingen eröffnet. Kein schlechtes Motto für ein frisch angefangenes Jahr und schon gar nicht für ein Wahlkampfjahr.

 

„Wo Sprache nicht mehr trägt, wird der Geist machtlos und die Macht geistlos“, dieses Zitat des SPD-Politikers Erhard Eppler hatte die Kreis-SPD als Motto für ihren Empfang gewählt. Ein zeitloser Spruch, für den es immer wieder aktuelle Anlässe gibt. So hat jeder der drei Redner beim Lichtmess-Empfang seine Sicht des neuen US-Präsidenten Donald Trump zur Sprache gebracht: der SPD-Kreisvorsitzende Jürgen Hestler ebenso wie der SPD-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Backnang, Christian Lange, und natürlich der Gastredner, Rudolf Scharping.

Scharping: neue politische Konstellationen nötig

Letzteren stellte Jürgen Hestler als jemanden vor „der alle Facetten der Politik“ kennen gelernt habe, aber gleichzeitig die gewisse Distanz besitze, „um von weiter weg einen Blick auf das politische Getümmel zu werfen“. Scharping schlug einen weiten Bogen, beginnend im Jahr 1967, als in Deutschland die erste große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger ihre Arbeit aufgenommen hatte. Die sei notwendig, aber nicht beliebt, vernünftig, aber keine Zukunftsperspektive gewesen, so Scharping. Ähnliches gelte für die aktuelle Zusammenarbeit von CDU/CSU und SPD, sagte er, und meinte: „Wir brauchen neue politische Konstellationen, weil sich die alten den Zukunftsthemen zu wenig zugewendet haben.“

Dazu gehörten beispielsweise die Bereiche Bildung und IT-Technik, sagte der 69-Jährige, der seiner Partei ein bisschen die Leviten las. Wer glaube, die Vollendung sozialdemokratischer Politik vollziehe sich auf Parteitagen, wer glaube, die Mehrheit unter Delegierten sei wichtiger, als die der Bevölkerung, liege falsch: „Das sind Merkmale einer Sekte, nicht einer Volkspartei.“ Die SPD müsse „eine Perspektive entwickeln, die dem Volk aufs Maul schaut, aber nicht nach dem Mund redet“. Dass ehemalige SPD-Hochburgen inzwischen in AfD-Hand seien, sei besorgniserregend: „Man muss die Wähler ernst nehmen und die Rattenfänger bekämpfen.“ Das, was der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke verbreite, sei „offener Rechtsradikalismus“, so Scharping. „Jeder, der uns einreden will, wir könnten uns aus Europa verabschieden, der sagt: Werdet wieder eine ganz dumpfe Provinz.“

Lange: 2017 steht viel auf dem Spiel

Den US-Präsidenten Donald Trump bezeichnete Scharping als „Warnsignal und Chance“ in einem. Eine Chance für Europa, dem Trump vor Augen führe, „dass wir nur gemeinsam unseren Standard an Zivilisation, Sicherheit und Freiheit aufrecht erhalten können“.

Was da in den USA in Sachen Presse- und Religionsfreiheit geschehe, sei „eine Schande für die große Nation“, sagte der Bundestagsabgeordnete Christian Lange. In diesem Jahr stehe viel auf dem Spiel und er wolle nicht erleben, dass Hass den Bundestagswahlkampf bestimme.

„Die nackte Wahrheit will keiner wissen“, sagte der Kreisvorsitzende Jürgen Hestler. Gut verpackte Wahrheit oder schön verkleidetes Märchen – man müsse heute ganz genau hinschauen, um die beiden unterscheiden zu können. Folgendes aber sei sicher: „Die Wahrheit braucht lange Sätze, sie braucht Nebensätze, das Komma, und sie braucht Zeit.“

Sozialdemokrat seit Jugendtagen

Politik
In die Sozialdemokratische Partei (SPD) ist der heute 69-jährige Rudolf Scharping mit 19 Jahren eingetreten. Er hat Politik- und Rechtswissenschaften sowie Soziologie studiert. Von 1991 an war er Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, bis ihn die SPD 1994 zum Kanzlerkandidaten kürte. Da die SPD bei der Bundestagswahl erfolglos blieb, wurde er Fraktionsvorsitzender im Bundestag. Im Jahr 1998 übernahm er im rot-grünen Bundeskabinett die Rolle des Verteidigungsministers.

Entlassung
Gerhard Schröder entließ Scharping 2002 aus dem Amt des Verteidigungsministers. Die Gründe waren die„Hunzinger“-Affäre und die „Mallorca-Affäre“. Scharping soll vom PR-Unternehmer Moritz Hunzinger Honorarzahlungen erhalten haben. Schlecht kam auch die Tatsache an, dass sich Scharping mit seiner damaligen Partnerin Kristina Gräfin Pilati beim Badeurlaub auf Mallorca ablichten ließ, während die Bundeswehr kurz vor einem Einsatz in Mazedonien stand.

Gegenwart
Rudolf Scharping ist Vorstand einer Frankfurter Unternehmensberatung. Seit dem Jahr 2005 ist er Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer.