Die für drei Tage angesetzte Erörterung zum Atomausstieg hat am Dienstag in Philippsburg begonnen. Laut dem Umweltministerium haben insgesamt 2800 Personen Bedenken geäußert.

Philippsburg - Der BUND-Regionalvorsitzende im Raum Karlsruhe, Armin Gabler, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: er freue sich, dass endlich „über den Rückbau des Kernkraftwerks“ gesprochen werde, er sei aber auch in Sorge wegen der zusätzlich freigesetzten Radioaktivität während des mehrere Jahre dauernden Abrisses. Anders als vor vier Wochen in Neckarwestheim kam es beim Erörterungstermin noch nicht zum „großen Knall“ – die Kritiker des Rückbaus blieben zunächst im Saal.

 

Schon am Morgen gaben sich Vertreter des Betreibers, der Energie Baden-Württemberg (EnBW), betroffener Anliegergemeinden und der Atomkraftkritiker die Klinke in die Hand. 2800 Einzelpersonen haben Einwendungen gegen das Bauvorhaben vorgebracht. Auf drei Tage ist die Erörterung angesetzt, die vom Fachbereich „Kernenergieüberwachung und Strahlenschutz“ des Umweltministeriums geleitet wird. Vor der Halle im Philippsburger Ortsteil Huttenheim hatten Mitglieder der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe im Modell eines Siedewassereaktors einen „Super-GAU“ simuliert. Der Sohn einer Aktivistin sollte aufzeigen, was passieren könnte, wenn die Brennelemente außer Kontrolle geraten. Kurzzeitig wurde das Modell in Rauch eingehüllt – und eine Leuchtkerze gezündet, Symbol für die mögliche Überhitzung auf bis zu über 1000 Grad Celsius.

EnBW verteidigt fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung

Der Geschäftsführer der EnBW-Kernkraftsparte, Jörg Michels, verteidigte die Tatsache, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung – die eine eigene Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen hätte – für die Neubaupläne „Reststoffbearbeitungszentrum“ (RBZ) und „Standortabfalllager“ (SAL) fehlt. Das hatten im Vorfeld vor allem die Stadt Philippsburg und Umweltschützer moniert. Die Fragen seien bereits im Vorfeld vom Freiburger Öko-Institut „ausreichend und zufriedenstellend“ geklärt worden, betonte Michels. Folglich seien die Bauten „nur nach einem baurechtlichen Verfahren“ zu behandeln.

Im Saal selbst bedauerte der Verhandlungsleiter, Abteilungsleiter Gerret Niehaus, das Fehlen „einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung“, das könne einer Regierung, die „auf Gehörtwerden setze“, nicht gleichgültig sein. Deshalb sei man mit der EnBW übereingekommen, in „einen intensiven Bürgerdialog“ zu treten.

Auch der BUND-Vorsitzende findet die Unterlagen „dürftig“

Der BUND-Regionalvorsitzende Armin Gabler bemängelte derweil „die dürftigen Unterlagen“. Wenn man für den Bau eines Hochwasserdamms 30 Aktenordner brauche, seien die von der EnBW vorgelegten „gerade mal 150 Seiten“, nicht wirklich akzeptabel. Mit der aus Hannover vom BUND einbestellten Expertin Oda Becker, Physikerin und Beraterin für Sicherheitsfragen in Atomanlagen, war er sich zudem einig, dass ein Rückbau erst dann erfolgen könne, wenn sich „im Reaktor keine Kernbrennelemente mehr befinden“.