Viele Menschen haben in den letzten Monaten große Erfolge gefeiert oder ihren Namen in die Geschichtsbücher eingetragen. Eine kleine, aber feine Auswahl der Menschen des Jahres.

Nico Rosberg

 

Es ist für Väter ziemlich verzwickt, Familie und Beruf zu koordinieren. Einerseits will der Papa mit den Kleinen spielen, Werte vermitteln und Vorbild sein, andererseits muss Geld verdient werden, damit die Kids eine glückliche Kindheit erleben können. Das Dilemma verschärft sich, wenn man in einem global tätigen Konzern beschäftigt ist und Interkontinentalreisen zum Berufsbild gehören.

Nico Rosberg (31) ist so ein Vater. Er hat darunter gelitten, dass er ständig in Silberpfeil-Mission rund um die Welt unterwegs war und viel zu wenig Zeit übrig hatte für Gattin Vivian und Töchterchen Alaia. Da ergab es sich passend, dass der Mann das Projekt „Fahrer-Weltmeisterschaft in der Formel 1“ am ersten Advent nach elf harten Jahren Arbeit abgeschlossen hat. Nico Rosberg erklärte kurz darauf, dass er nicht mehr Rennfahrer sein möchte, sondern ausschließlich Vater und Ehemann.

Vollblut-Racer wie Motorsport-Legende Niki Lauda konnten nicht verstehen, warum ein Boxenstopp nur noch aus dem Wechseln von gebrauchten Windeln, nicht aber von gebrauchten Reifen bestehen sollte. Nico Rosberg hat sich bewusst dafür entschieden – natürlich hat er extrem gut verdient in seinem alten Job, so dass er sich diese Entscheidung leisten kann. Darum werden ihn viele andere Väter mächtig beneiden.

Giulia Micolani

Dass Giulia Micolani zu den Menschen 2016 zählt, hat einen einfachen Grund: Sie hat zutiefst menschlich gehandelt. Sie hat auf ihr Herz gehört und gleichzeitig den Verstand walten lassen. So wurde die zwölfjährige Schülerin zur Lebensretterin. Folgendes war geschehen: Eine hochbetagte Dame war vor wenigen Wochen in ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Stuttgart-Stammheim schwer gestürzt. Sie schrie um Hilfe, doch niemand hörte sie. Die anderen Bewohner waren unerreichbar. Alle bis auf Giulia, die gerade von der Schule nach Hause kam. Sie reagierte sofort, lief in die elterliche Wohnung in den dritten Stock, holte einen Schlüssel, der dort deponiert war, und öffnete die Tür zu der Wohnung, aus der die Hilferufe kamen. Die alte Dame lag am Boden; sie blutete stark. Giulia half ihr auf, beruhigte sie, gab ihr zu trinken und verständigte die Polizei. Kurz darauf trafen Rettungssanitäter ein und brachten die alte Dame ins Krankenhaus. Dem Mädchen bescheinigten sie, alles richtig gemacht zu haben.

Giulia, die aus einer internationalen Stuttgarter Familie stammt, der Vater Italiener, die Mutter Kroatin, freute sich über das Lob. Zugleich fragte sie sich, was an ihrer Tat so außergewöhnlich gewesen sei.Von ihren Eltern habe sie gelernt, Menschen zu helfen, die in Not sind. Dasselbe im Religionsunterricht. „Das habe ich mir zu Herzen genommen.“ So einfach ist das Leben manchmal.

Elon Musk

Früher hätte man Hansdampf in allen Gassen gesagt – heute heißt es Turbounternehmer: Diese Bezeichnung passt auf Elon Musk hervorragend. Der gebürtige Südafrikaner, der inzwischen als Multimilliardär in Kalifornien residiert, hat unendlich viele Ideen. Um diese auch umzusetzen, gründet er reihenweise innovative Unternehmen – und lehrt damit oft genug die Konkurrenz das Fürchten. Selbst das Weltall ist vor ihm und seinem Raumfahrtunternehmen Space X nicht sicher.

Ein besonders gelungenes Beispiel sind seine Elektroautos: Es macht ungemein Spaß, sich in einem solchen Tesla-Flitzer praktisch lautlos fortzubewegen – und sich, wenn es sein muss, mit brachialer Gewalt nach vorn katapultieren zu lassen. Wie sinnvoll das ökologisch wie ökonomisch ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass Elon Musk die anderen Autobauer damit vor sich hertreibt – und dass er sein Know-how zu Autobatterien nun auch für Solarakkus nutzt, mit denen die heimischen Solaranlagen aufgerüstet werden können. Und das ist ökologisch wie ökonomisch wirklich sinnvoll.

Maren Ade

Sie ist das deutsche Kinowunder 2016: Maren Ade, die Mutter von Toni Erdmann. Die Mutter? Quatsch – sie ist die Erfinderin, die Drehbuchautorin, die Regisseurin, die Produzentin jenes wunderbaren deutschen Films mit dem seltsamen Titel „Toni Erdmann“.

Die Geschichte eines etwas wunderlichen Vaters, der sich ungebeten breitmacht im Leben seiner Tochter, die als Unternehmensberaterin sehr energisch am Aufbau des Kapitalismus in Rumänien mitwirkt, hat Ade bereits im Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes riesigen Beifall eingebracht. Er hat im Sommer und Herbst die Menschen zu Hunderttausenden ins Kino gelockt. Kurz vor Weihnachten gab es dafür völlig verdient gleich fünf Europäische Filmpreise. Und ganz unabhängig davon, ob dann im nächsten Jahr sogar noch ein Golden Globe und ein Oscar für „Toni Erdmann“ herausspringt – Maren Ade hat gezeigt, dass es jenseits flacher Schweighöfer-Witzchen und Schweiger-Haudraufs auch weiterhin so etwas gibt wie einen modernen, alltagsnahen, aktuellen deutschen Film.

Und das Beste an alledem: Die Frau ist gerade mal 40 Jahre alt! Was für Aussichten.

Marcus da Gloria Martins

Es gibt nicht viele Menschen, die ruhig bleiben, wenn sie an einen Ort gehen, von dem andere panisch wegrennen. Marcus da Gloria Martins schaffte das. Mehr noch: Dem 43-jährigen Polizeisprecher gelang es auch noch, Millionen Fernsehzuschauer zu beruhigen. Als am 22. Juli beim Münchner Olympiagelände Schüsse fielen und ganz Deutschland in eine Schreckstarre verfiel, brachte er vom ersten Interview an Ordnung ins Chaos. Er antwortete klar, sachlich und sogar ein wenig ironisch, ohne jedoch unangemessen zu sein. Dass er deshalb als Inbegriff der Gelassenheit gefeiert wurde, löste in seiner Familie Gelächter aus. Tatsächlich hat er die Ruhe wohl eher der Masterarbeit zu verdanken, die er an der Polizeihochschule Münster schrieb. Das Thema: „Krisenkommunikation und kritische Infrastrukturen“. Sein Name kündet von portugiesischen Wurzeln, sich selbst charakterisiert er aber als „praktizierenden Westfalen“. Die neue Popularität ist ihm unangenehm. Die gute Arbeit jener Nacht sei dem Teamwork zu verdanken, sagt er gern. Allerdings hätte es das Teamwork ohne ihn nicht gegeben – er leitet das Team nämlich.

Michelle Obama

Hätte sie geschafft, was Hillary Clinton nicht vermochte? Hätte sie den Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus verhindert, wenn sie statt Clinton als Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten angetreten wäre? Es ist müßig, so zu fragen. Denn Michelle Obama wird sich niemals für ein öffentliches Amt bewerben. Und dennoch tauchen genau solche Fragen immer wieder auf, weil diese First Lady der USA in dem ruppigen und oft würdelosen Wahlkampf ausstrahlte, was sich zahlreiche Amerikaner von ihren politischen Führern ersehnen – aber weder bei Trump noch Clinton fanden: Michelle Obama paart hohe Intelligenz mit menschenfreundlicher Emotionalität; sie spricht so elegant, wie sie sich kleidet; sie ist unabhängig vom Washingtoner Politik-Establishment und vom großen Geld, das nun erst recht das Sagen hat. Viele werden Barack Obama vermissen, wenn er das Weiße Haus Anfang Januar verlässt. Aber möglicherweise sind es noch ein paar mehr, die sich wünschen, Michelle Obama hätte noch etwas bleiben dürfen.