Die Abschaltung der Atomkraftwerke gefährdet nach Ansicht von Experten das Finanzkonzept des Landes.  

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Angesichts der Wende in der Atompolitik droht der Einstieg des Landes beim Energiekonzern EnBW zum Verlustgeschäft zu werden. Der Bund der Steuerzahler, ein von Greenpeace beauftragter Gutachter und die Opposition befürchten massive Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Die Abschaltung älterer Atomkraftwerke verringere die Gewinne und werde den Kurs der EnBW-Aktie auf längere Frist unter den Kaufpreis von 41,50 Euro drücken. Dies gefährde die Finanzierung des Milliardengeschäfts durch die Dividende und den geplanten Wiederverkauf.

 

Selbst die mitregierende FDP räumt inzwischen ein, dass die Rechnung des Landes zumindest vorerst nicht aufgehen dürfte. Wegen des beschleunigten Atomausstiegs stehe die EnBW "vor einer Durststrecke", sagte der Fraktionschef im Landtag, Hans-Ulrich Rülke. Der geplante Wiederausstieg werde sich deshalb verzögern: "Es macht ja keinen Sinn, die Aktien zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen." Mit dem Verkauf sei daher eher gegen Ende der nächsten, bis 2016 dauernden Legislaturperiode zu rechnen. Der Bund der Steuerzahler befürchtet, dass das Land auf seinen EnBW-Anteilen sitzenbleibt.

Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ließ erklären, jetzt zeige sich noch deutlicher, dass der Einstieg des Landes bei der EnBW richtig war. So könne über die strategische Ausrichtung der Energieversorgung "hier in Baden-Württemberg mit entschieden werden". Der frühere Miteigentümer, die französische EdF, setze dagegen weiterhin einseitig auf die Kernkraft.

Unterdessen wachsen die Zweifel an der rechtlichen Grundlage für die vorläufige Abschaltung von acht Atomkraftwerken in Deutschland. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kündigte an, prüfen lassen zu wollen, ob die Abschaltung ohne die Zustimmung des Bundestags zulässig ist. Verwirrung gibt es auch über das Moratorium längerer Laufzeiten: Die Regierung spricht im Gegensatz zum Montag nicht mehr von einer Aussetzung. Bundesumweltminister Norbert Röttgen hält das Wort Moratorium für einen politischen Begriff. Erst mit der vorübergehenden Abschaltung der Kernkraftwerke durch die Länder bekomme es rechtliche Bedeutung. "Damit gilt die Laufzeitverlängerung gemäß den Atomgesetznovellen der Koalition weiter", sagte Röttgen.