Für viele Flüchtlinge ist die Bundesrepublik längst nicht mehr das gelobte Land. Tausende Iraker, Iraner oder Afghanen kehren zurück – ohne Asyl und Aussicht auf ein gutes Leben. Verloren haben sie ihre Illusionen und viel Geld. Der deutsche Staat fördert ihre Reintegration in der Heimat.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Erbil - Gailan Mawlud wirkt genervt. Es reicht ihm, dass seine Freunde spotten, weil seine Flucht so erfolglos endete – nun soll er auch noch seine ganze Odyssee öffentlich machen. In Halbsätzen berichtet der scheue 23-Jährige, weshalb er wieder im Basar Hemden und Jeans verkauft, mehrfach täglich in der nahen Moschee betet und mit Freunden die Wasserpfeife Shisha raucht, anstatt in Westeuropa Fuß zu fassen. Am 11. Dezember vorigen Jahres ist er mitsamt seiner Rückkehrprämie von 950 Euro in den Nordirak zurückgeflogen. Nun muss er sich wieder in Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion, durchschlagen. Der viereinhalbmonatige Versuch, in Deutschland Asyl zu bekommen, in jeder Hinsicht ein Verlustgeschäft für ihn. Umgerechnet 6500 Euro habe er verschwendet. Früher besaß er einen Nissan Altima, heute muss er wieder das Taxi nutzen, um zur Arbeit zu kommen.

 

Kein Durchkommen bis Stuttgart

Ende Juli 2015 entschließt sich der Kurde, das Weite zu suchen. Diese alles kontrollierende Regierung, diese Langeweile! Die Eltern wünschen ihm ein glückliches Leben. „Wenn du dich da wohlfühlst, bleib dort“, geben sie ihm auf den Weg. Er fliegt in die Türkei und begibt sich auf die Balkanroute. Einige Mal packen ihn bulgarische Sicherheitskräfte hinter der Grenze und drängen ihn mit körperlicher Gewalt zurück in die Türkei. Doch bald geht es weiter, meist zu Fuß. An der serbisch-ungarischen Grenze sei es so öde gewesen „wie in einer Wüste“, und ausgerechnet dort muss er 24 Stunden in Haft und zu diesem Anlass seinen Fingerabdruck hinterlassen. Damit ist er in der Europäischen Union registriert. Kurz darauf lässt er sich mit neun anderen von Schleusern des Nachts über die österreichisch-deutsche Grenze bringen – in zwei Autos und für 650 Euro pro Person.

Es ist der 25. August 2015. Eigentlich peilt der Iraker nun Stuttgart und danach Bielefeld an, weil Freunde dorthin gelangt sind und die Unterkünfte nicht so überlaufen sein sollen. Zuvor hält ihn die Münchner Polizei fest und setzt den Kurden in einen Zug nach Berlin. In der Hauptstadt wohnt Gailan auf Staatskosten in einem Hostel am Alexanderplatz und steht im Winter am „Lageso“ an – das Landesamt für Gesundheit und Soziales ist ein berüchtigtes Nadelöhr. Dort macht das Gerücht die Runde, dass zwei Flüchtlinge in der Warteschlange wegen der Kälte erfroren seien – eine Falschmeldung. Viel besser, so stellt Gailan fest, ergehe es den Syrern. Dennoch mag er Berlin und zeigt als Beleg Handyfotos von Brandenburger Tor, Alex und Bundestag. Und überhaupt: Die Frauen seien die schönsten Europas, schwärmt er. Ansprechen kann er die Mädchen nicht – auf Kurdisch. „Tschuldigung“ ist das einzige deutsche Wort, was sich ihm einprägt.