Der ungeliebte Bürgermeister Roms, Ignazio Marino, tritt ab und lässt eine zerrissene Stadt mit vielen Problemen zurück. Er hatte zu viele Gegner, hat aber auch zu viele Fehler gemacht. Sogar der Papst Franziskus hatte die Gelegenheit, sich über ihn aufzuregen.

Rom - Seit mehr als zwei Jahren wollten sie ihn loswerden. Seit dem Tag seiner Wahl zum römischen Bürgermeister im Juni 2013 suchten Ignazio Marinos Gegner – in der eigenen Partei nicht weniger als in der Opposition – nach Fehltritten, Vergehen, Vorwänden. Jetzt sind sie insoweit fündig geworden, dass es politisch reichte. Am Donnerstagabend ist der Sozialdemokrat Ignazio Marino zurückgetreten. Eine verwahrlosende, prinzipiell unregierbare Stadt, die von Dezember an Millionen von Pilgern zum „Heiligen Jahr der Barmherzigkeit“ empfangen soll und die sich auch noch für Olympia 2024 beworben hat, stürzt damit noch tiefer ins Chaos.

 

Gefallen ist der 60-jährige Marino über einen allzu legeren Umgang mit der ihm zustehenden Kreditkarte der Stadt: Restaurantbesuche von knapp 20 000 Euro hatte er über sie abgerechnet; darunter waren viele legitime amtliche Essen, aber auch einige private, die er nachträglich,   unter falschen Angaben, als dienstlich zu rechtfertigen suchte. Einer, der angetreten war, die 2,7-Millionen-Stadt mittels Moral, Recht und Gesetz zu retten, war damit erledigt.

„Wie ein Marsmensch“ in Rom gefühlt

Warm geworden sind Rom und Marino nie miteinander. Der in Genua geborene Sohn eines Sizilianers und einer Schweizerin, der sich in Amerika den Ruf eines exzellenten Transplantations-Chirurgen erarbeitet hatte, fühlte sich in der Ewigen Stadt „wie ein Marsmensch“. Andererseits machte er den Wählern die Vorteile seines Außenseiterdaseins klar: In keine örtliche Vetternwirtschaft verstrickt, versprach er aufzuräumen mit Schlendrian, Schlamperei, Bestechung. Da er damit viele Kreise störte, auch solche, in denen auch seine sozialdemokratische Partei mitmischte, schuf Marino sich von Anfang an Feinde.

Seine Partei drückte ihm einige Stadträte aufs Auge, die sich nachher als Kollaborateure der „Mafia Capitale” herausstellten – jenes großen kriminellen Netzes, das im Dezember 2014 aufflog. Marino selbst war einer der wenigen nicht belasteten Amtsträger in Rom. Zur rückhaltlosen Aufklärung und zur Vorbeugung für die Zukunft holte er einen erfahrenen Mafiajäger ins Rathaus – das passte wiederum nicht allen.