Das Bundeskabinett befasst sich an diesem Mittwoch mit dem Rüstungsexportbericht für das erste Halbjahr 2016. Die Regierung lobt die besondere Beachtung der Menschenrechte in den Empfängerländern. Dies ist nur zum Teil nachvollziehbar, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Sigmar Gabriel zieht generell viele Pfeile auf sich – auch wenn es um Rüstungsexporte geht. Es ist das Dilemma eines Vizekanzlers, Bundeswirtschaftsministers und SPD-Vorsitzenden, der mitunter völlig konträre Ämter auf einen Nenner bringen muss: die sicherheitspolitischen Belange Deutschlands, die Interessen der Industrie sowie die moralischen Ansprüche einer Partei, die sich Friedenspolitik einmal ganz groß auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Doch nicht jede Kritik, die anlässlich der Vorlage des Rüstungsexportberichts für das erste Halbjahr 2016 an diesem Mittwoch im Bundeskabinett wieder laut wird, ist berechtigt.

 

Mehr Transparenz – viele abgelehnte Anträge

Gabriel hat vor allem Transparenz in die Darstellung der Waffenausfuhren gebracht: Früher wurden sie hinter verschlossenen Türen ausgekungelt und mit großer Verzögerung verschämt öffentlich gemacht. Seit 2014 wird halbjährlich offen Rechenschaft abgelegt. Diese Bundesregierung geht erkennbar sensibler mit Lieferungen in Spannungsgebiete um als frühere. So wurden auch 34 Anträge im Gesamtwert von 9,6 Millionen Euro nicht bewilligt.

Die Zahlen verlangen eine genauere Betrachtung: So liegen die Ausfuhrgenehmigungen im Wert von etwa vier Milliarden Euro zwar um mehr als eine halbe Milliarde höher als im Vorjahreszeitraum, doch verschlingt schon eine Fregatte für Algerien eine Milliarde Euro. Zudem ist die Türkei auf Platz acht der Empfängerländer vorgerückt. Allerdings stammen die Genehmigungen aus der Zeit vor dem Putschversuch. Seither wird Ankara restriktiver behandelt, was angesichts der demokratiefeindlichen Bestrebungen der türkischen Regierung auch so bleiben muss.

Saudis zählen noch immer zu den besten Kunden

Positiv zu vermerken ist der anhaltende Rückgang des Kleinwaffenexports, auch dies auf Druck von Gabriel. Dies ist notwendig, weil Gewehre oder Maschinenpistolen als Bürgerkriegswaffen besonders viele Opfer verursachen und zudem leicht in die Hände von Kriminellen oder gar Terroristen gelangen können. Allerdings haben auch die irakischen Peschmerga von deutschen Kleinwaffen profitiert – diese Verwendung erweist derzeit als sinnvoll im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ um Mossul.

Dennoch gibt der Rüstungsexportbericht auch sehr besorgniserregende Befunde her: So sind die Ausfuhren von Munition um das Zehnfache auf einen Wert von 283 Millionen Euro gestiegen. Und es finden sich noch einige Krisenregionen unter den „Top ten“. Speziell Saudi-Arabien gehört weiterhin zu den besten Kunden – ein Land also, das die Menschenrechte der eigenen Bevölkerung mit Füßen tritt, den Krieg in Syrien schürt und im Jemen ein weiteres Volk ins Unglück stürzt. Kaum ein Regime tritt autoritärer auf. Dass Deutschland weiterhin mit ihm Waffenhandel betreibt, ist eine sehr beschämende Erkenntnis.