Im vergangenen Jahr beschwerte eine Bürgerin sich bei der Stadt, weil Jugendliche und Moped-Fahrer im Aurain nachts zu laut sind. Die Idee mit der Bürgerwehr hat sich zerschlagen, das Problem existiert aber weiterhin.

Bietigheim-Bissingen - In diesen Tagen mag sich Julia Roth ein wenig wie Sisyphos fühlen. So sehr sie sich auch bemüht hat, am Ende muss sie doch wieder von vorne anfangen. Doch geht es in diesem Fall nicht um große, rollende Steine, sondern um junge Leute, die in der Nacht ihrer Ansicht nach im Aurain, einem Areal zwischen dem Bietigheimer Bahnhof und dem westlich gelegenen Enztal, zu laut sind.

 

„Wir fühlen uns seit über fünf Jahren enorm belästigt“, sagt Roth. Am größten sei das Problem in den Sommermonaten, wenn die Jugendlichen auf den Treppenstufen sitzen, die hinunter zur Enz führen. Ihre Klage richtet sich auch gegen Motorrollerfahrer, die auf Fahrradwegen die Reifen quietschen lassen, Vereinsfest-Musik bis in die Morgenstunden und Betrunkene, die mit ihrem Geschrei bewusst die Anwohner wecken wollen würden.

Die Jurakalk-Steilwände im Tal dienten dabei quasi als Verstärker. „Das Thema hat an Fahrt aufgenommen“, sagt Roth. Dabei hatte sie im vergangenen Jahr einiges versucht, um die Lage für sich und für die Anwohner zu verbessern. Sie meldete die Vorkommnisse der Polizei, wurde bei der Stadtverwaltung vorstellig und schrieb mehrere Briefe an den Oberbürgermeister Jürgen Kessing (SPD). Dabei drohte sie damit, eine Bürgerwehr zu gründen, die auf eigene Faust im Tal für Ruhe sorgen solle, wenn die Stadt es nicht selbst schaffe.

Eine Bürgerwehr, falls es die Stadt nicht alleine schafft

Am Ende waren es meist Roths Mann und sie, die, mal mit, mal ohne Erfolg, die Jugendlichen persönlich baten, ruhiger zu sein. Von Seiten der Stadt sei nichts passiert, sagt Roth. Zwar gab es im August und im September vergangenen Jahres, also zur Hochzeit der Lärmbelästigungen, zwei Briefe von OB Kessing an Roth. Doch mit den Antworten war sie nicht zufrieden.

Die Stadt beschäftige zwar einen eigenen Sicherheitsdienst, der in „neuralgischen Arealen“ wie dem Bürgergarten und entlang von Enz und Metter patrouilliere. Jedoch hätten diese Sicherheitsleute keine polizeilichen Befugnisse, könnten also keine Platzverweise aussprechen oder die Personalien feststellen, heißt es in Kessings Antwortbrief. „Was die Stadt angeht, habe ich keine allzu hohen Erwartungen mehr“, kommentiert Roth.

Die „Schreiertruppe“ ist weg

Die Stadtsprecherin Anette Hochmuth sagt auf Nachfrage: „Man kann Leuten schlecht verbieten, sich auf öffentlichen Plätzen aufzuhalten, dazu sind sie ja da.“ Natürlich wäre es schöner, wenn sich dabei auch alle benehmen würden.

Julia Roth wiederum versucht es nun auf einem anderen Weg. Sie konnte zwei Gemeinderatsmitglieder für ihre Sache gewinnen. Außerdem könne man mit Flyern bei den Nachbarn vorstellig werden. Für einen Erfolg hält sie es auch, dass sie die „Schreiertruppe“, wie Roth sie nennt, im Mai zusammen mit der Polizei erfolgreich vertrieben hat. Blieben noch die Musik bei Festen und die unerlaubten Mopedfahrten. Es sei also zumindest nicht schlechter geworden, findet Roth. Stadtrat Eberhard Blatter (Freie Wähler) bestätigt das: Nach Gesprächen mit mehreren Anwohnern zufolge sei die Situation seit ein paar Tagen befriedet. „Die Jugendlichen sind wahrscheinlich weitergezogen“, sagt er. „Aber das kann sich schlagartig wieder ändern.“

Lärmbelästigung im Landkreis

Ludwigsburg
Auch der Akademiehof in Ludwigsburg ist häufig Anlass für Ärger. Lärmende Jugendliche, die sich dort allabendlich zu spontanen Partys und Saufgelagen treffen, sind vor allem den Anwohnern und dem Geschäftsführer des benachbarten Campuszwei Boardinghouse ein Dorn im Auge. „Was dort passiert, wird immer heftiger“, sagt Harald Kilgus. Das sieht die Ludwigsburger Polizei allerdings anders. Der Lärmpegel halte sich seit einiger Zeit in Grenzen, die Einsatzkräfte würden nicht über Gebühr strapaziert und alarmiert. Um den Platz für alle besser erlebbar zu machen und auch Verständnis zwischen den Generationen zu wecken, werden von Stadt und Polizei regelmäßig Veranstaltungen für alle Betroffenen angeboten. Der nächste Termin ist am Freitag, 29. Juli um 19 Uhr. Treffpunkt ist am Eiswagen.

Vaihingen/Enz
Das Verwaltungsgericht Stuttgart befasst sich seit diesem Sommer mit der Klage einer Anwohnerin aus Vaihingen/Enz, die die Stadt wegen zu großen Festlärms verklagt hat. Künftig soll die Stadt, die die Feste genehmigt, dafür sorgen, dass bei öffentlichen Veranstaltungen bestimmte Lärmgrenzwerte nicht mehr überschritten werden. Konkret verlangt seine Mandantin, dass in ihrem eigenen Haus nachts ein Wert von 35 Dezibel, tagsüber von 50 Dezibel nicht überschritten wird. Wie die Sache ausgeht, ist noch völlig offen. Beide Seiten haben einen Lärmgutachter eingeschaltet. Ein nichtöffentlicher Erörterungstermin mit der Möglichkeit eines Vergleichs ist bereits gescheitert. Einen Termin für die Hauptverhandlung gibt es noch nicht.