In vier Wochen tritt Lena Meyer-Landrut in Oslo an. Der Rummel um sie zeigt beispielhaft die Mechanismen der Unterhaltungsbranche.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)
Stuttgart - Menowin Fröhlich oder Lena Meyer-Landrut? "Ich kenne diese beiden Namen nicht, und ich möchte sie auch gar nicht kennen", antwortete neulich gewohnt humorvoll Marcel Reich-Ranicki auf eine Umfrage, welcher Star ihm lieber sei. Die eine Hälfte des Satzes beruht vermutlich auf Gegenseitigkeit, dem fröhlichen Menowin dürfte der Name Reich-Ranicki auch kein Begriff sein. Füllten doch Menowin Fröhlich und Merzad Marashi, die beiden Finalisten der RTL-Show "Deutschland sucht den Superstar", jüngst das mit Leben, für das der Historiker Paul Nolte den Begriff Unterschichtsfernsehen prägte. Und die zweite Hälfte des Satzes? Nun ja, wer Marcel Reich-Ranickis Vorlieben kennt, ist sich gar nicht so sicher, ob er Meyer-Landrut, unseren hübschen Star für Oslo, nicht doch gerne einmal näher kennenlernen würde.

Das indes gestaltet sich recht schwierig. Wie bei ihrem Mentor Stefan Raab wird auch Lena Meyer-Landruts Privatleben rigoros abgeschottet. Interviews werden nur ausgewählten Medienpartnern gewährt, eine von ihr beauftragte Kölner Rechtsanwaltskanzlei wies in einem Schreiben die deutschen Redaktionen schon prophylaktisch darauf hin, dass jegliche unautorisierte Fotoveröffentlichung sogleich Unterlassungserklärungen und Schadenersatzansprüche nach sich ziehen werde.

Lena kann keine Noten lesen


Und so weiß man nicht viel über sie. Sie ist 18 Jahre alt, feiert eine Woche vor dem Grand-Prix-Finale ihren 19. Geburtstag, lebt als Single mit ihrer Mutter (die Eltern sind geschieden) nahe Hannover und macht derzeit auf ihrer Gesamtschule ihr Abitur, Prüfungsfächer Biologie, Geschichte und Sport. Im Alter von fünf Jahren begann sie mit Tanzunterricht, später hat sie ein paar Komparsenrollen im Fernsehen übernommen. Sie tanzt wie Joe Cocker, Gesangsunterricht hat sie zeitlebens nie genossen, sie kann keine Noten lesen, und ein Instrument beherrscht sie nicht - alles Merkmale, die nicht eben pfeilgerade auf eine Musikkarriere hindeuten. Doch das ist in diesem Fall nicht wichtig.

Denn seit Lena Meyer-Landrut vor vier Wochen das bemerkenswert inszenierte Kunststück fertiggebracht hat, aus 4500 Kandidaten für den deutschen Beitrag zum diesjährigen Eurovision Song Contest als einzige übrig zu bleiben, haben sich die Dinge ganz schön beschleunigt. Beziehungsweise: sie werden in ganz schön beschleunigte Bahnen gelenkt. Man erkennt dies zum Beispiel an ihrer Homepage, die laut Impressum von der Firma Brainpool betrieben wird, deren Mitgeschäftsführer wiederum der Mitinhaber der Rechtsanwaltskanzlei ist, die Meyer-Landrut beauftragt hat. Mitbesitzer von Brainpool ist indes Stefan Raab, sie alle werkeln derzeit fleißig daran, den Masterplan umzusetzen, den sie im vergangenen Jahr geschmiedet haben. Und es sieht so aus, als ob er aufgeht - egal, ob als Plan A oder B.